Schüler bewegen sich zu wenig: Maßnahmen für mehr Sport in der Schule

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Schüler bewegen sich zu wenig: Maßnahmen für mehr Sport in der Schule

Erstmals saßen alle Akteure des Sports gemeinsam am Tisch. Sie diskutierten darüber, wie Bewegung in Schule und Freizeit stärker gefördert werden kann.

Noch nie waren europaweit so viele Kinder und Jugendliche übergewichtig, internationale Studien zeigen motorische Defizite. „Auch in Südtirol wäre Förderunterricht für Bewegung notwendig, das gibt uns zu denken“, sagte Schulinspektorin Martina Rainer gestern Abend (2. November) beim ersten runden Tisch mit den Akteuren im Sportbereich, zu dem Bildungslandesrat Philipp Achammer und Sportlandesrätin Martha Stocker geladen hatten. „Die Forderung der Weltgesundheitsorganisation liegt bei 90 Minuten Bewegung pro Tag, im Durchschnitt bewegen sich die Kinder bei uns nur 60 Minuten, vor Jahren waren es noch drei bis vier Stunden“, ließ Rainer mit Zahlen aufhorchen. Anlass des Treffens war die Vorstellung des Maßnahmenpakets „Mehr Bewegung und Sport“, das die Landesregierung Ende August genehmigt hatte. Dieses Paket, das unter anderem den Ausbau der verpflichtenden Unterrichtsstunden im Fach Bewegung und Sport an den Grund- und Mittelschulen vorsieht, wurde unter dem Schlagwort „Sport macht Schule“ vorgestellt.   „Die Schule ist die einzige Institution, die alle Kinder und Jugendlichen erreicht“, sagte Achammer in diesem Zusammenhang. Es sei aber nicht nur Aufgabe der Schule, zu einer bewegungsfreundlichen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beizutragen. Wenn es um mehr Bewegung und damit um ein gesünderes Leben geht, sei die gesamte Gesellschaft gefragt, stimmte ihm Stocker zu. „In Südtirol gibt es viel registrierte Sportausübung, aber viel zu wenig informelle“, sagte sie und machte sich für Bewegung im Alltag, etwa für das Stiegensteigen, stark. „Bewegung ist eine Lebenseinstellung“, sagte sie und betonte die Vorbildfunktion der Erwachsenen. Regelmäßige Bewegung sei auch ein wichtiger Baustein, um lange fit zu bleiben und selbständig leben zu können. Gemeinsam mit den Vertretern aller Akteure, die im Südtiroler Sport eine Rolle spielen, diskutierten sie darüber, wie man Bewegung für Schüler attraktiver machen könnte. „Wenn eine Initiative zu mehr Sport nachhaltig sein soll, müssen auch Eltern und Freunde mitziehen“, gab Sportmediziner Stefan Resnyak zu bedenken. Außerdem zitierte er eine Studie aus der Schweiz, derzufolge Sport auch die geistige Leistungsfähigkeit steigert. Die Daten würden belegen, dass mehr verpflichtende Sportstunden auch zu besseren Leistungen in anderen Fächern geführt hätten. Patrizia Gozzi von der Interessengemeinschaft Südtiroler Sportlehrer sagte, dass die Schüler teilweise als „motorische Analphabeten“ in die Oberschulen kommen. Die Ausbildung an der Uni Brixen bereite die angehenden Lehrerinnen nicht ausreichend auf den Bewegungsunterricht vor, sagte Monika Schwingshackl von der Kerngruppe Sport Grundschule. Viele Grundschulen hätten darüber hinaus gar keinen eigenen Bewegungsraum, kritisierte sie. Auch Kurt Jakomet von der Vereinigung der Sportwissenschaftler stellte die Frage nach dem Stellenwert des Sportunterrichts. „Das oberste Gut des Menschen ist seine Gesundheit“, gab er zu bedenken. Coni-Präsident Heinz Gutweniger regte an, Schulhöfe und Schulhallen ganztägig zur Verfügung zu stellen. „Das Olympische Komitee hat verstanden, dass es an der Zeit ist, Kinder von Nichtstun herauszureißen – wenn es nicht schon zu spät ist“, sagte er. Ähnlich argumentierte Stefan Leitner von der Südtiroler Sporthilfe. Oberschuldirektorin Veronika Rieder machte im Namen des Kollegiums der Schulführungskräfte auf die Verantwortung aufmerksam, die die Direktoren als Verwahrer der Häuser tragen. Auch die Kommunikation zwischen Sportverbänden und Schulen müsse in manchen Fällen verbessert werden, merkte Josef Platter vom VSS an. „Unser Thema sind die Strukturen“, sagte auch Andreas Schatzer, der für die Gemeinden mit am Tisch saß. „Dieses Treffen ist der Beginn einer wichtigen Diskussion. Wir sind uns alle darüber einig, dass Sport wichtig ist“, zeigte sich Landesrat Achammer am Ende der Diskussion erfreut, „wenn wir wollen, finden wir auch die nötigen Strukturen“, fuhr er fort. Achammer zeigte aber auch Verständnis für die Situation der Direktoren, die die Verantwortung dafür tragen, was in ihren Hallen passiert. Was die Ausbildung der Grundschullehrer an der Uni in Brixen betrifft, sagte er, dass diese gut auf den Regelunterricht vorbereitet würden, dass es aber natürlich eine Reihe von Dingen gebe, für die es eine Spezialisierung braucht. Für den Sportunterricht etwa. Landesrätin Stocker dachte an, das Programm „Bewegung auf Rezept“ auch auf Kinderärzte auszudehnen, weshalb diese zum nächsten Treffen auch eingeladen werden sollen. (ep)