Die Wirtschaft in Alta Badia

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Als Perle der Dolomiten wird das Tourismusgebiet Alta Badia bezeichnet. Zu Recht. Ist es doch ein ganz besonderer Flecken Erde, der auf einzigartige Weise die landschaftliche Schönheit mit der traditionellen Kultur der Ladiner und einem hervorragenden touristischen Angebot kombiniert.

 
Alta Badia, das bedeutet einerseits die magischen Felsskulpturen der Dolomiten und Jahrhunderte alte Bergbauernhöfe, andererseits aber auch elegante Gourmetrestaurants, herrliche Abfahrtspisten und traumhafte Wellnesstempel. Diese unverwechselbare Tourismusdestination liegt in einem breiten, sonnigen Becken am Fuße imposanter Dolomitengipfel und umfasst die Ortschaften Corvara, Colfosco, La Villa, San Cassiano, Badia und La Val. Wegen ihrer geografischen Lage und der Herzlichkeit der ladinischen Bevölkerung ist das Hochabteital als das „Herz der Dolomiten“ bekannt und seit Jahren schon eine überaus gut besuchte Urlaubsdestination. „Der Tourismus spielt bei uns eine ganz wesentliche Rolle, ohne Zweifel stellt er den stärksten Wirtschaftszweig dar“, erzählt Markus Valentini, HGV-Ortsobmann von Abtei. „Aus diesem Grund hängen auch alle anderen Wirtschaftszweige direkt oder indirekt mit dem Fremdenverkehr zusammen“, so der Tourismus-Fachmann weiter. Das war nicht immer so. Das Hochabteital hat sich erst vor ca. 60 Jahren von einem einfachen, landwirtschaftlich geprägten Gebiet zu einer Tourismushochburg entwickelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann für ganz Südtirol der wirtschaftliche Aufschwung und zugleich eine Umbruchphase: Aufgrund der Automatisierung in der Landwirtschaft wanderten viele Südtiroler von der Peripherie in die Zentren oder in das Ausland ab. Gerade rechtzeitig setzte dann in den 70er Jahren der große Boom im Fremdenverkehr ein. Landschaftlich reizvolle Gebiete, wie es auch das Gadertal ist, erfuhren durch den Tourismus einen radikalen Wandel und einen plötzlichen wirtschaftlichen Aufschwung. Durch diese Entwicklung und den Pioniergeist so mancher Gastwirte und Liftbetreiber konnten trotz einiger Eingriffe in die Natur entlegene Gebiete aufgewertet und die Landflucht verhindert werden. In den 80er und 90er Jahren stabilisierten sich die Bevölkerungszahl und der wirtschaftliche Wohlstand. Die Gemeinden Corvara, Abtei und Wengen haben sich als sehr erfolgreiche Urlaubs- und Wintersportorte zur Region Alta Badia zusammengeschlossen. Mittlerweile macht das gesamte  Gadertal einen Anteil von 9,2 Prozent der Nächtigungen in ganz Südtirol aus.

STARKES DREIGESTIRN: HANDEL, HANDWERK, LANDWIRTSCHAFT
Neben Beherbergungsbetrieben und den Skigebieten, sind es auch der Handel, das Handwerk und zum Teil auch die Landwirtschaft, die in Alta Badia direkt vom Tourismus beeinflusst werden. Wie im Fremdenverkehr wird auch in diesen Segmenten zunehmend auf neue Trends und Nachhaltigkeit gesetzt. Unsere Zeit ist geprägt von offenen Märkten und der Herausforderung, mit der kleinbetrieblichen Struktur im weltweiten Wettbewerb standzuhalten. Doch die Anpassungsfähigkeit, die kulturelle Vielfalt sowie die Mehrsprachigkeit der ladinischen Bevölkerung öffnet der Talschaft immer wieder zusätzliche Chancen für die Wirtschaft. Das gute Funktionieren der Gadertaler Wirtschaft ist mitunter darauf zurückzuführen, dass es gelungen ist, einen Bogen über die verschiedenen Wirtschaftszweige zu spannen. Vor allem die drei großen, ineinandergreifenden Bereiche der hiesigen Wirtschaft – Tourismus, Handwerk und Landwirtschaft – gehen speziell auch im Hochabteital Hand in Hand. Die Synergien, die daraus entstehen, ermöglichen es, das gemeinsame Potential optimal auszuschöpfen. „In der Tat besteht in Alta Badia eine überaus gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Wirtschaftssparten“, freut sich Markus Valentini, „ja, ich bin sogar ein bisschen stolz darauf, dass wir bei Veranstaltungen immer optimal zusammenarbeiten, uns gegenseitig unterstützen und einbeziehen und es kaum zu Streitereien kommt.“

GESCHÄTZTE HANDWERKSTRADITION
Während die meisten Ortschaften in Alta Badia überwiegend vom Tourismus geprägt sind, hebt Wengen, ladinisch La Val, sich vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet merklich ab. Hier wird vermehrt das Handwerk gelebt, besonders in der Gewerbezone in Pederoa. Wie alle Dolomitentäler hat auch das Gadertal eine jahrhundertealte Handwerks- tradition. Einst reichten diese verschiedenen handwerklichen Tätigkeiten völlig aus, um den Gesamtbedarf des geschlossenen Wirtschaftskreises des Gadertals abzudecken. Die zunehmende Spezialisierung in einigen Bereichen wie beispielsweise die Drechslerei, Holzschnitzerei und Weberei führte später zu einer exportorientierten Produktion. Heute noch ist im Gadertal das alte Handwerk der Kunstweberei recht lebendig und macht sich neuere Verfahren und technologische Hilfsmittel zunutze, um ein breites Publikum mit feinsten Tischdecken und sonstigen hochwertigen Webwaren zu beliefern. Teilweise werden hierbei natürliche Produkte der Berglandwirtschaft, wie Leinen und Wolle verarbeitet, womit sich der Kreis hin zur Landwirtschaft schließt. Von den ca. 1.430 gewerblichen Firmen des Gadertals sind es immerhin 9,1 Prozent, die zum verarbeitenden Gewerbe gehören. „Ein großer Teil dieser Handwerksbetriebe sind im Gemeindegebiet von Wengen ansässig“, erzählt Markus Valentini. In den letzten Jahrzehnten ist vor allem das Gewerbegebiet in Pederoa stark gewachsen, in dem sich Handwerker und Dienstleister des Ortes angesiedelt haben. Hier finden sich junge und traditionelle Unternehmen nebeneinander und bieten den Kunden eine große Vielfalt an Produkten und Dienstleistungen an.

INNOVATIVE LANDWIRTSCHAFT
Eine weitere wichtige Säule in der Wirtschaft des Hochabteitals ist ohne Zweifel die Landwirtschaft. Auch sie hat hier eine jahrhundertlange Tradition und hat auch heute noch eine verhältnismäßig große Bedeutung. Trotz des Rückgangs der Beschäftigten in der Landwirtschaft über die vergangenen Jahrzehnte hinweg, hat sich dieser Sektor in letzter Zeit stabilisiert, und hat einen hohen Stellenwert für andere Wirtschaftsbereiche: Ein großer Teil der Landwirte bewirtschaften ihren Hof nicht im Vollerwerb, da sie im Zu- oder Nebenerwerb in anderen Sektoren der Wirtschaft tätig und dort zu unverzichtbaren Arbeitskräften geworden sind. Weiters ist die Landwirtschaft aufgrund ihrer Funktion als Landschaftspfleger und als Lieferant von typischen regionalen Produkten für den Tourismus von großer Bedeutung. „Unsere Gastronomie schätzt die einheimischen Produkte sehr und auch als Urlaubs-Mitbringsel sind unsere Nahrungsmittel bei Gästen sehr beliebt“, erzählt Markus Valentini. Regionalität ist nicht nur ein ernstzunehmender Trend, sondern vor allem auch sinnvoll. Die meisten Landwirte in Alta Badia liefern Milch an die Sennereigenossenschaften, einige betreiben Hofkäsereien nach neuestem Standard oder beteiligen sich an der Aufzucht traditioneller Nutztierrassen, sind Joghurt- oder Fleischproduzenten. Gut entwickelt hat sich hier auch das Angebotssegment „Urlaub auf dem Bauernhof“. Immer mehr Gäste genießen den ruhigen Urlaub inmitten der Natur und eines landwirtschaftlichen Betriebes. Auch dies ist ein anschauliches Beispiel für einen gelungenen Brückenschlag zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen. Doch neben all diesen Stärken kann Markus Valentini auch Schwächen aufzeigen: Der schlechte Zustand der Gadertaler Straße, die allgemein schlechte Erreichbarkeit und der Mangel an Unterhaltungsangeboten für Jugendliche am Abend. „Hier wäre durchaus noch Verbesserungsbedarf“, meint der HGV-Ortsobmann. Für die wirtschaftliche Zukunft wünscht er sich, dass die bestehende Harmonie zwischen den Wirtschaftssparten aufrecht bleibt, dass man Probleme durch Gespräche und einen Händedruck beseitigt, dass die Erreichbarkeit von Alta Badia verbessert wird und dass die Ladiner in der Politik mehr Anerkennung erhalten. „Wenn wir weiterhin gut zusammenarbeiten, sind wir auch imstande, uns in der Welt unter dem Motto ‚edle Genussmomente in den Bergen erleben‘ zu positionieren“, ist sich Markus Valentini sicher.

 

Zitat Markus Valentini,
HGV-Ortsobmann von Abtei:
„In Alta Badia besteht eine überaus gute Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Wirtschaftssparten. Ich bin sogar ein bisschen stolz darauf, dass wir bei Veranstaltungen immer optimal zusammenarbeiten, uns gegenseitig unterstützen und einbeziehen und es kaum zu Streitereien kommt.“