Haymo Gutweniger ist einer von MiG, der Männer im Glutrausch und ein Könner für einen guten Plausch: Witzig, temperamentvoll und mit einer würzigen Prise an Schrägheit. Er ist einer der Initiatoren von W.E.S.T., dem Winter Extreme South Tyrol Barbecue Contest in Rein in Taufers, der heuer zum 5. Mal ausgetragen wird.
Grillen bei -20 Grad auf 1500 Meter Meereshöhe – wie kommt man auf so eine verrückte Idee?
Die Idee stammt von Myrko Leitner, Michele Capano und mir. Vor Jahren veranstalteten wir einen klassischen Grillkurs, der sehr gut ankam, und mit weiteren Kursen tingelten wir durch das Pustertal. 2014 entstand in einer lauen Sommernacht die schräge Idee, in Rein ein Wettgrillen im Winter zu veranstalten. Wir rechneten mit acht Mannschaften, mitgemacht haben dann 24. Überwacht wurde das Ganze seit Anbeginn von einer zertifizierten Jury von Mitgliedern der Kansas City Barbecue Society KCBS, der weltweit größten Grillwettbewerb-Organisation. Die erste Veranstaltung in Rein war ein riesen Erfolg, und die große Unterstützung des Tourismusvereins von Sand in Taufers, von Sponsoren und vielen Freiwilligen, spornte uns an, weiterzumachen. In Rein veranstalten wir Barbecue auf höchstem Wettkampfniveau mit einem bescheidenen Preisgeld; die weltweit üblichen Preisgeldern gehen bis zu 150.000 Dollar. Aus logistischen Gründen müssen wir die Teilnehmerzahl auf 30 begrenzen; nach sieben Stunden ab Einschreibungsbeginn waren wir heuer ausverkauft, auch ein großer Freund von mir reist extra aus Florida an, um mitzumachen. Weitere Teilnehmer kommen aus Schweden, Ungarn, Deutschland, Österreich, der Niederlande, auch einige Teams aus Südtirol sind dabei.
Was macht ein Siegersteak aus?
Gegrillt werden Hühnchen, Rippelen, Schweineschulter und Rinderbrust. Die Fleischqualität musst du lesen können und wissen, wie zubereiten, wie veredeln. Es geht um ein Fein-Tuning wie bei der Präparierung eines Rennskis. Das Fleisch wird vor der Zubereitung kontrolliert, es darf nicht mariniert oder gewürzt sein. Von der KCBS werden genaue Regeln vorgegeben, das Fleisch muss ausgewogen und harmonisch im Geschmack, saftig und gleichmäßig im Fleischbild sein. Wichtig ist die Zartheit, was nicht mit Weichheit und Übergarung zu verwechseln ist. Wir haben Zubereitungszeiten bis zu 16 Stunden, somit wird die Nacht von Samstag auf Sonntag durchgegrillt. Die Außentemperatur hat in Rein kochtechnisch kaum einen Einfluss, Faktoren für die Garzeit sind jedoch die Höhenmeter und der Wind. Da immer mehr Fleisch gegrillt werden muss, als das der Jury vorgelegt wird, geben wir das übrige gegen eine freiwillige Spende an das Publikum ab. Die Spenden fließen seit Anbeginn an Debra, die Vereinigung der Schmetterlingskinder.
Fleischessen ist wegen der Tierhaltung, der CO2-Belastung und aus gesundheitlichen Gründen teils verpönt…
Mein Körper kann nur so gut sein, wie das, was ich ihm gebe. Das Problem sehe ich weniger darin, dass wir zuviel Fleisch essen, sondern zuviel falsches. Heute landen nur mehr die Edelstücke verpackt im Supermarkt, vom Rind sind es 37 Prozent, was bedeutet, dass deswegen auch mehr geschlachtet werden muss. Im Grunde kann von der Nase bis zum Schweif eines Schweins alles verwertet werden – und das haben wir verlernt. Zudem soll Fleisch billig sein, weil man nicht bereit ist, für gute Lebensmittel, Geld auszugeben. Wir von MiG bieten Kurse an, wo wir das erklären und Sachen verwerten, die nicht üblich sind. Ich bin bekennender Fleischesser und beziehe das Fleisch vom Metzger meines Vertrauens.
Warum ist Grillen so männlich?
Das hängt vermutlich mit dem Beherrschen des Feuers aus unserer Urzeit als Jäger zusammen. (lacht) Das hat sich über die Traditionen entwickelt. Ich finde aber nicht, dass Grillen männlich ist. Mein schönster Grillkurs war in Prettau, von 13 Teilnehmern waren 12 Frauen.
Warum sind Sie mit dem Whiskey-Hersteller Jack Daniel’s per Du?
Ich bin seit 2014 Juror für die KCBS und fungiere zudem als einer der 124 weltweiten Oberschiedsrichter. 2015 war ich erstmals als Juror beim Prestige-Turnier der jährlichen BBQ-Weltmeisterschaft in Lynchburg Tennessee, wo der Jack Daniel’s Whiskey produziert wird. Es ist das größte Renommee, das du in der Szene haben kannst, sozusagen die „Streif“ des Barbecues, du triffst alles, was Rang und Namen hat; 25.000 Zuschauer sind dabei.
Was ist Ihre Lebensfreude außer Grillen?
Aufgewachsen bin ich in Prags. Beruflich arbeite ich in der Beleuchtungsbranche bei einer Firma in Pfalzen. Meine Lebensfreude sind meine zwei Monate alte Tochter, meine Partnerin und mein 25-jähriger Sohn. Für Hobbys habe ich keine Zeit, da ich an 40 Wochenenden im Jahr rund ums Barbecue unterwegs bin sowohl mit Kursen, als auch als Juror weltweit. Meine Lebensfreude zeige ich, indem ich Menschen mit Freundlichkeit begegne und mit einem Lächeln. (IB)
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