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13. April 2017
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„Darüber reden“

Depression kann jederzeit jeden treffen. Sie ist die am häufigsten auftretende psychische Erkrankung – Tendenz steigend. Aus diesem Grund ist der Weltgesundheitstag am 7. April heuer der Depression gewidmet. Unter dem Titel „Talk about“ will man gegen Vorurteile und Stigmatisierung vorgehen.

Primar Roger Pycha

„Alle Forschungsergebnisse der Weltbank und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weisen darauf hin, dass bereits 2020 die Depression nach Herzkreislauferkrankungen die zweitwichtigste Krankheit weltweit sein wird, und für Frauen sogar die wichtigste“, bestätigt Roger Pycha, Primar der Psychiatrie am Krankenhaus Bruneck und wissenschaftliche Leiter der Europäischen Allianz gegen Depression (EAAD) in Südtirol, deren Führung seit 2017 die EOS-Sozialgenossenschaft übernommen hat.

PROJEKT EAAD
„Die Allianz gegen Depression arbeitet in 15 europäischen Staaten und erfreut sich nun auch weltweiter Verbreitung. Das Ziel dieses Netzwerkes ist es, die Gesundungschancen von Menschen, die an Depression leiden, zu verbessern bzw. der Krankheit vorzubeugen“, expliziert Pycha. Diese Realisierung gelinge durch Eingriffe auf vier Ebenen: „An erster Stelle steht die Schulung von Fachleuten wie Hausärzten zur Sensibilisierung der Diagnose Depression, weiters schaffen wir ein Angebot für Risikogruppen, darunter vor allem Telefonberatungsstellen für Menschen in Krisen und für Selbsthilfegruppen. Drittens erfolgt die Schulung von sogenannten Multiplikatoren, da Betroffene mit Depression und psychischen Leiden eben meist nicht zu Fachleuten kommen, sondern sie suchen Hilfe bei Autoritäten oder Vertrauenspersonen. Häufig sind das Seelsorger, oft Lehrer, Apotheker, aber auch Polizisten oder Vertreter von Rettungseinsatzkräften. Wir schulen die entsprechenden Berufsgruppen in den Grundkenntnissen einer Depression, um dieses Krankheitsbild zu erkennen und an die richtige Stelle zu verweisen. Und viertens ist es uns ein Anliegen, die breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren vor allem durch mediale und kulturelle Projekte. Diese sollen klar machen, wie häufig Depression auftritt und dass sie als Krankheit jeden treffen kann, dass sie aber auch gut behandelt werden kann.“

KAMPF DEN VORURTEILEN
Bei allen Strategien zur Vorbeugung und Verbesserung der Gesundungschancen, betont die WHO, sei die Sensibilisierung die wichtigste. „Gezielt weltweit aufklären und aufzeigen, dass man gegen Depression viel unternehmen kann und dass sie auf lange Sicht auch besiegt werden kann ist maßgeblich. Damit kämpft die WHO gegen die drei großen Vorurteile gegenüber psychisch Kranken an, und zwar: Sie sind a) unheilbar, b) gefährlich und c) weniger wert“, verdeutlicht Pycha. „Depression ist nicht Ausdruck persönlichen Versagens, sondern eine Krankheit wie Bluthochdruck oder Diabetes. Sie kann jeden treffen, unabhängig von Alter, Beruf und sozialem Stand.“

VORBEUGEN SCHWER MÖGLICH
„Bisher ist wenig darüber bekannt, wie man Depression vorbeugen kann. Unser moderner Lebensstil fördert Depression, das wissen wir. Auch, dass Frauen doppelt so häufig betroffen sind. Wir wissen auch, dass etwa ein Drittel der Betroffenen keine Hilfe sucht und dass von jenen, die Hilfe suchen, etwa die Hälfte nicht als depressiv erkannt werden. Beide Tatsachen lassen sich langfristig ändern“, ist Pycha überzeugt.

NEUHEIT HILFSMITTEL
Im Kampf gegen die Depression hat die EAAD ein internetgeschütztes Hilfsmittel, den Selbsttest „iFightDepression“ entwickelt. Dieses Werkzeug werde am 7. April der Südtiroler Öffentlichkeit präsentiert werden und im Netz verfügbar sein, so Pycha: „Was wir aber brauchen, sind konkrete Anlaufstellen wie Hausärzte oder Psychiatrische Dienste. Die entsprechenden Kontakte samt Schulungen werden wir im Laufe des Jahres 2017 vervollständigen. Damit ist ein sehr diskreter Umgang mit dem Thema Depression möglich und die Stigmatisierung sinkt.“ (SP)