„Eines der größten Wunder für mich ist die Heilkraft der Bäume.“
In der Vase sind Zweige eingefrischt, Klara Wolfsgruber streichelt die zarten Knospen, die sich dem Frühling entgegen sehnen. Kräuterbündel und Trockensträuße schmücken den Raum und in den Schränken stapeln sich selbstgemachte Tees, Tinkturen und Salben. Für die 61-Jährige ist die Natur wie ein weicher Mantel, der sie umhüllt.
Bäume sind für Sie ein zentrales Thema. Warum?
Dazu muss ich etwas ausholen. Ich bin in Oberrasen auf einem Bauernhof aufgewachsen und habe schöne Erinnerungen an die Kindheit. Schon mit sechs Jahren ging ich oft allein in den nahen Wald und habe Pilze oder Tschurtschen gesammelt, der Wald war für mich wie ein großer Spielgarten. Später wurde ich Grundschullehrerin und habe den Beruf 37 Jahre ausgeübt. Durch den Beruf und die Arbeit in der Familie blieb wenig Freizeit übrig. Nach der Pensionierung machte ich mir eine Liste, was ich alles noch gerne tun würde, wofür ich vorher keine Zeit hatte. Als erstes ließ ich mich von einem Shaolin-Mönch zur Qigong-Lehrerin ausbilden und übe das auch jetzt bei uns im Dorf aus. Ein weiteres Interessensgebiet waren die Kräuter und so ließ ich mich zur Kräuterexpertin ausbilden und machte eine Zusatzausbildung über die Heilkraft des Waldes.
Was bedeutet für Sie der Wald?
Ich erkenne heute Details, die mir früher nie auffielen, sehe die Zusammenhänge der Natur, des Lebens, es ist für mich eine große Bereicherung. Ich spüre, wie die Natur uns alle verbindet, die Pflanzen, die Tiere und ich fühle dabei eine ganz große Freude und Dankbarkeit. Wald ist viel mehr als bloß ein Haufen Bäume. Pflanzen und Bäume kommunizieren untereinander wie die Menschen und der schönste Wald ist für mich der Urwald, wo der Mensch nicht eingegriffen hat. Kommunikation passiert unter der Erde durch die Wurzeln, die Vermittler unter den Bäumen sind die Pilzgeflechte, alles Dinge, die wir noch nicht ganz erforscht haben. In der Natur ist alles so perfekt, es muss eine höhere Kraft geben, die sie lenkt.
Wie meinen Sie das?
Ich lese jeden Morgen die Bibel, dadurch erfahre ich einen positiven Start in den Tag. Manchmal komme ich an Verständnisgrenzen, die mir dann mein Sohn, der Theologie studiert hat, zu erläutern versucht.
Erklären Sie uns ein wenig die Bäume…
Meine Favoritin ist die Linde, sie ist unter den Bäumen die Wohlwollende und Kommunikative, ihre Blätter sind herzförmig und sie wächst gerne in der Nähe der Menschen. Die Rosskastanie ist gut für das Lymphsystem, die Haselnuss hilft sich zu erden, die Mitte zu finden. Der Weißdorn wirkt stärkend, ausgleichend und beruhigend.
Sie sind auch bei der Notfallseelsorge, wie kam es dazu?
Ich habe im Leben viel Glück gehabt, war nie ernsthaft krank, habe gesunde Kinder, einen guten Mann, ein schönes Zuhause. Dafür bin ich dankbar und möchte aus diesem Grund auch anderen Menschen beistehen. Die Ausbildung zur Notfallseelsorge hat mich sehr bereichert, es war eine Art Lebensschule.
Wie sehen Sie Ihren Wirkungsbereich?
Ich sehe es als meine Aufgabe, möglichst für andere ein Segen zu sein und nach Möglichkeit einige positive Spuren zu hinterlassen. Wir haben auch eine große Verantwortung für unseren Planeten und unsere Nachfahren, dass auch sie ein würdiges Leben auf dieser Erde haben werden. Deshalb sollten wir mit der Natur viel achtsamer umgehen, sie ist unsere größte Lehrmeisterin. Wenn ich an meinen Vater denke: Er beobachtete das Wetter und die Zusammenhänge in der Natur. Das haben die Menschen heute vielfach verloren.
Was steht noch auf Ihrer Liste?
Meine Liste ist immer noch nicht „abgearbeitet“. Ich möchte lernen Körbe zu flechten und mich noch mehr in die Heilkraft der Bäume vertiefen. Ich möchte viel zu Fuß unterwegs sein, andere Menschen kennen lernen. Ja, Ideen hätte ich genug!
Welches Bild kommt für Sie in einen Goldrahmen?
Ich erfahre täglich solche Wow-Momente. Das kann auch nur das Betrachten einer Blume sein oder eine Knospe. Da bleib ich stehen und staune. Highlights sind für mich, wenn ich wandernd unterwegs sein kann. Von Begegnungen mit besonderen Menschen zehre ich ebenso, wenn ich die gleiche Wellenlänge spüre. Es ist für mich eine große Freude, wenn ich Menschen in irgendeiner Weise etwas geben kann und ich bin gerührt, wenn ich ihre Freude sehe.
Was wünschen Sie sich?
Ich wünsche mir, dass die Welt Frieden findet. Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch einen Baum pflanzen. (IB)
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