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Berufsbild stärken

Der Internationale Hebammentag findet seit 1991 überall auf der Welt am 5. Mai statt. Südtirolweit startete heuer dazu eine Sensibilisierungskampagne mit einer Schwerpunktwoche vom 27. April bis zum 6. Mai. Plakate, Aktionen auf Straßen und in sozialen Netzwerken sollten auf die Wichtigkeit des Berufsstandes hinweisen. Höhepunkt war die internationale Tagung „Selbst-bewusst gebären“ im Haus der Familie.

Während der Beruf der Hebamme in den nördlichen Ländern an Bedeutung gewinnt, kämpfen die Südtiroler Hebammen um ihren Stellenwert. Das Kollegium der Hebammen der Provinz Bozen organisierte deshalb heuer erstmals nicht nur ein Treffen zum Hebammentag, sondern eine Schwerpunktwoche. Mit der dazu südtirolweit gestartete Sensibilisierungskampagne wollten die Hebammen die Frauen bestärken, ihrem Gefühl und ihrem Körper zu vertrauen und selbstbestimmt zu gebären. „Frauen sollen sich Gedanken machen, welche Betreuung sie möchten. Hebammen bietet eine individuelle, kontinuierliche Betreuung durch eine gleichbleibende Vertrauensperson. Ich persönlich bin, für meine Frauen 24 Stunden erreichbar“, bestätigt Jessica Hinteregger, seit eineinhalb Jahren freiberufliche Hebamme im Pustertal. 209 Hebammen sind derzeit im Register der Hebammen in Südtirol eingetragen, zwei davon sind Männer (Geburtshelfer).

VERLAGERUNG INS SPITAL
2016 wurden in Südtirol 5.447 Kinder geboren, das sind fast 15 Geburten täglich. Am Krankenhaus Bruneck werden im Durchschnitt etwas mehr als zwei Kinder pro Tag entbunden. Jedes vierte Kind kommt in Südtirol per Kaiserschnitt zur Welt, nur ein halbes Prozent der Frauen gebärt zu Hause. „Die Hebamme ist die Fachfrau für die physiologische Schwangerschaft, die Geburt und die Zeit danach, das sogenannte Wochenbett. Eine Schwangerschaft ist keine Krankheit und hat erst mal nichts mit einem Krankenhaus zu tun. Früher sind alle Kinder zu Hause zur Welt gekommen. In den letzten 50 Jahren haben sich die Geburten ins Krankenhaus verlagert. Inzwischen haben wir die natürliche Art zu Hause mit einer Hebamme zu gebären fast vergessen. Viele wissen gar nicht, dass es uns gibt, und hier wollen wir mit der Sensibilisierungskampagne das Bewusstsein wecken, dass fast jede Frau ihr Kind alleine, ohne medizinische Hilfe austragen und gebären kann. Wir Hebammen informieren und begleiten sie dabei“, hält Jessica fest. Die Hebammenverdrängung bei der Geburtshilfe führt Jessica auch auf die zunehmende Medikalisierung zurück: „Wir Menschen glauben, wir könnten alles kontrollieren. Eine Geburt ist aber ein Primärprozess, das ist uns angeboren, das brauchen wir nicht erlernen und können es nicht bewusst steuern. Nur in seltenen Fällen von Komplikationen braucht es medizinische Unterstützung. Laut WHO sollte die Kaiserschnittrate bei 10-15 Prozent liegen, aber auch bei uns liegt sie bei ca. 30 Prozent.“

MEHR HEBAMMEN NÖTIG
Die Schließung der Geburtenstationen in den kleinen Spitälern wie Innichen habe dazu beigetragen, dass die Geburtszahlen in den größeren Krankenhäusern steigen. Der Betreuungsschlüssel in manchen Stationen ist meist derselbe geblieben, weshalb das Südtiroler Hebammenkollegium eine Eins-zu-eins-Betreuung der Schwangeren durch eine Hebamme während der Geburt fordert und klare Kompetenzen für ihre Berufsgruppe, denn, so Jessica: „Während der Geburt ist die Anwesenheit einer Hebamme zwingend erforderlich, die eines Arztes jedoch nur bei Komplikationen.“ (SP)