Südtirol soll Vorzeige-Klimaland werden. Bis Mitte 2020 will die Landesregierung den Klimaplan 2011 überarbeiten. Startschuss war die heutige Klausur mit Experten und Führungskräften der Verwaltung.
Wenn es um eine aktive Politik für den Klimaschutz geht, will Südtirol nicht nur seine Hausaufgaben machen, sondern ein mutiger Vorreiter sein. Mit diesem Ziel ist die Landesregierung heute in der Fortbildungsakademie Rechtenthal in Tramin in ihre Klausur gegangen. Gemeinsam mit über Führungskräften der Landesverwaltung und Experten aus dem Bereich Klima hat sie darüber beraten, was nötig ist, um Südtirol möglichst schnell klimaneutral zu machen.
Größte Herausforderung dieses Jahrhunderts
Landeshauptmann Arno Kompatscher gab die Zielsetzung vor: „Bereits seit 2011 waren wir mit der Entwicklung eines Klimaplans Vorreiter. Seither sind drastische Erkenntnisse dazu gekommen.“ Unter anderem verwies Kompatscher auf die neuen Vorgaben des Klimaabkommens 2015 in Paris und die nachfolgenden Berichte des Weltklimarats: „Wir müssen und wollen mutig agieren und unseren Klimaplan daran anpassen.“ Die Klimaneutralität bezeichnet der Landeshauptmann als „wichtigste Herausforderung des 21. Jahrhunderts“. Es gelte, jetzt die Weichen zu stellen, „damit auch unsere Kinder und Kindeskinder ein gutes Leben auf diesem Planeten haben können“, appellierte der Landeshauptmann: „Alles andere wäre fahrlässig und verantwortungslos. Auch weil wir wissen: Wenn wir nicht jetzt investieren, wird es später um ein Vielfaches teurer!“ Südtirol befinde sich mit diesem Ansinnen in bester Gesellschaft, wie der „green deal“ von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigt: Europa will bis 2050 klimaneutral sein.
Der für den Bereich Umwelt zuständige Landesrat Giuliano Vettorato verwies darauf, dass Südtirol schon auf hohem Niveau startet: „Darauf müssen wir nun aufbauen.“ Ebenso wichtig wie neue Maßnahmen sei auch die Kommunikation derselben: „Wir müssen erklären, was wir bereits erreicht haben, was wir derzeit schon dafür tun und was wir noch tun wollen. Nur so gelingt es, jede Bürgerin und jeden Bürger mit auf den gemeinsamen Weg zu nehmen.“
Elf Thementische suchen nach Lösungen
Südtirols Landesregierung wird in den nächsten sieben Monaten am neuen Klimaplan arbeiten. Den Startschuss für diesen Prozess bildete die heutige Klausur: An insgesamt elf Thementischen beschäftigten sich die Vertreter aus Politik, Landesverwaltung und Wissenschaft mit der Frage, wo Südtirol in Sachen Klimaschutz bereits stark ist, vor allem aber, was es noch besser machen kann – und dies übergreifend über alle Landesressorts.
Beispiele: Wirtschaft, Gesetzgebung und ein Lebensgefühl
Dabei tauchten verschiedenste Ideen auf, fasst der Direktor der Landesumweltagentur Flavio Ruffini zusammen: Zum Beispiel die Effizienz der wirtschaftlichen Produktionszyklen zu steigern oder die Infrastruktur des Stromnetzes so auszubauen, dass sie die gesamte im Land produzierte erneuerbare Energie aufnehmen und die Verbraucher sicher versorgen zu können. Auch jedes neue Gesetz und alle relevanten Beschlüsse der Landesregierung sollten auf ihre Klimafolgen bewertet werden. Schließlich suchten die Teilnehmer nach Möglichkeiten, die Gesellschaft für ein gemeinsames Klimaprojekt zu gewinnen: „Wie können wir eine Identität, ein Sdütiroler Lebensgefühl der Nachhaltigkeit wecken?“, lautete hier die Frage.
In mehreren Schritten zum neuen Klimaplan
Der Landesregierung ist bewusst: Dieses Vorhaben gelingt nur, wenn möglichst viele Teile der Gesellschaft es mittragen. Daher werden die Ergebnisse der Klausur nun zusammengefasst. Im Frühjahr werden sie der Bevölkerung vorgestellt und die Partner aus Wirtschaft, Sozialem und Gesellschaft in den Prozess mit einbezogen. Mitte 2020 sollte dann die Neuauflage des Klimaplans Südtirol stehen. „Wir wollen ein klares und starkes Signal setzen“, sagte Landeshauptmann Kompatscher zu den Klausurteilnehmenden und war sich bewusst, gleichzeitig mahnende wie hoffnungsvolle Worte zu sprechen: „Es ist uns allen klar, dass wir unser Lebens-, Wirtschafts- und Konsummodell überdenken und neu ausrichten müssen. Ein ‚Weiter so‘ ist keine Option. Zugleich bin ich überzeugt, dass wir in 20 Jahren stolz darauf zurückblicken werden, wie wir die neuen Möglichkeiten und Chancen genutzt haben.“ Denn Klimaschutz bedeute einschneidende Veränderung. Sie solle aber zum Positiven führen. „Denn wir wollen auch in Zukunft nachhaltig zusammenleben, arbeiten und wirtschaften können. Wir stehen am Beginn einer neuen Zeitrechnung„, betonte Kompatscher. (LPA/gst)
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