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Marianna Voppichler aus St. Johann

“Die größte Freude ist für mich, wenn ich Anderen eine Freude machen kann.”

Ein Blütenmeer aus Frühling schmückt den Eingang des Hauses von Marianna Voppichler, es ist eine überquellende Flut aus Tulpen und Narzissen. Fast so, als wollte jede einzelne Blüte danke sagen im Namen der Menschen, die von der 80-Jährigen Gutes erfahren haben und es immer noch tun.

Ehrenamtlicher Einsatz im sozialen und kirchlichen Bereich ist Ihnen ein Herzensanliegen…
Ja, was soll ich sagen. Es erfüllt mich einfach, wenn ich Menschen mit einer kleinen Aufmerksamkeit eine Freude machen kann. Dabei kommt es nicht auf den Wert oder die Größe der Gabe an. Das geht von selbstgebackenen Krapfen über Basteleien oder Sammelaktionen für Bedürftige. Ich war bei der Gründung des Familienverbandes dabei, half beim Tourismusverein von St. Johann und der Talschaft oder bei der Musikkapelle. In der Zeit des Krieges im damaligen Jugoslawien war ich bei der Organisation der Sammlung von Hilfsgütern, insgesamt 49 Lastwagen mit Kleidung, Lebensmittel oder Möbel. Allein 10 Schachteln Kinderwäsche meiner Kinder habe ich mitgeschickt, sogar meine zwei Brautkleider; mein erster Mann verstarb mit 39 Jahren, seit 2009 bin ich vom zweiten Mann verwitwet. Anschließend sandte man mir die Fotos der Bräute, die meine Kleider trugen. Auch Nähmaschinen oder Baumaterial und sogar das Inventar von hiesigen Hotels, die umbauten oder renovierten, wurden verschickt. Bei zwei Fahrten war ich selbst dabei und half, Sachen unter den Bedürftigen zu verteilen. Die Not, die damals in Jugoslawien war, kann man sich nicht vorstellen! Und in unmittelbarer Nähe fielen ununterbrochen Schüsse, wir hatten ständig Angst.

Was unterstützen Sie heute?
Heute mach ich nicht mehr viel. Ich bin nur mehr beim KVW dabei und helfe hier und dort mal aus. Manchmal halt verwöhne ich die Nachbarin, Bekannte oder unsere Pfarrer mit Krapfen; oft sind es Hunderte schöttina, zettel- und rüibnkrautina Krapfen oder Kiächlan, die ich backe, ich tu das gern. Oder ich koche dem Altpfarrer das Abendessen; Brennsuppe, a Müis oder Kasnöckn mag er besonders gern. Dreimal die Woche ministriere ich bei der Messe im Seniorenheim. Vor den Sonntags- und Schülermessen bete ich immer den Rosenkranz oder bete bei Beerdigungen vor; man schätzt dies, da ich eine laute Stimme habe. Der Glaube hilft mir viel, ich gehe jeden Tag in die Kirche.

Was bekommen Sie zurück von all den Menschen, denen Sie eine Freude bereiten?
Ein Dank genügt mir, mehr brauch ich nicht.

Wie war Ihre Jugend? 
Ich bin als Zweite von acht Kindern beim Schmied in St. Johann geboren. Als Kinder spielten wir Vosteckilaz und Tèachtla (Anm.: Verstecken; mit Glaskugeln) oder Völkerball mit einem aus Hudern gebundenen Stoffball. Wir hüteten das Vieh, das uns manchmal aus der Kontrolle geriet, da wir vorlauter Herumtollen die Welt um uns vergaßen. Mein Vater spielte gerne die Ziehharmonika und wir tanzten alle vor dem Haus. Klar, wir mussten schon als Kind daheim mithelfen, in den Schulferien arbeitete ich als Kindermädchen. In der Kirche mussten wir die Glocken läuten und den Blasebalg für die Orgel treten. Anfangs hatten wir weder Waschmaschine noch Fernseher und Radio, aber ich möchte meine Jugendzeit nicht missen, sie war wirklich schön! Mir kommt allerdings vor, dass heute die Jugend das Spielen miteinander verlernt hat, jeder sitzt nur mehr vor dem eigenen PC. Früher war es viel netter! In die Schule ging ich nicht gern, weil ich vier Jahre die gleiche Klasse besuchen musste, es war nicht anders. Später besuchte ich die Abendmittelschule, Englisch- und Französischkurse und die Hotelfachschule. Als ich in Mailand bei einer Familie arbeitete, ließ ich mir die Zöpfe schneiden, daheim setzte es dafür eine Watschn und ich musste ein Kopftuch tragen, da sich meine Mutter wegen meiner kurzen Haare schämte.

Was machten Sie beruflich?
Ich war in vielen Orten im Gastgewerbe tätig, wie 1956 bei der Olympiade in Cortina, und lernte viele Persönlichkeiten kennen. Auch war ich Mitbegründerin der Berufsgruppe für die Angestellten im Gastgewerbe, mit denen wir Reisen und Kurse veranstalteten. Später arbeitete ich daheim in den zwei familieneigenen Frühstückspensionen.

Wie füllen Sie heute Ihre Freizeit?
Mir kommt vor, ich hab keine Freizeit, es gibt immer etwas zu tun. Früher hab ich gerne Bilder gestickt, Spitzen gehäkelt und für die drei Kinder gestrickt. Das Garteln macht mir immer noch viel Spaß, Blumen sind mein Leben!

Vermitteln Sie uns Ihre Botschaft…
Die Menschen sollten mehr in die Kirche gehen. Die Kirchen sind leer und mir kommt vor, die Menschen haben den Glauben verloren. Er würde ihnen bestimmt viel im Leben helfen. (IB)