Die Waldgesundheit im Pustertal

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Die Waldgesundheit im Pustertal

Das grüne Tal wird unser Pustertal genannt. Wir finden bei uns saftige, grüne Wiesen, aber vor allem jede Menge Wald: Von den 196.108 Hektar Fläche unseres Tales sind 92.929 Hektar bewaldet. Der Wald im Pustertal, ein reiner Nadelmischwald, ist generell in einem gesunden Zustand. Unsere saubere Luft, die günstige Meereshöhe, das kontinentale Klima und eine gute Waldpflege sind dafür verantwortlich. Aber die globale Erwärmung macht auch vor dem Pustertal nicht Halt. Noch ist die Situation nicht akut, aber der Klimawandel begünstigt die Verbreitung vieler Baumschadinsekten.

 
„Bereits seit 40 Jahren wird der Gesundheitszustand des Waldes vom Südtiroler Forstdienst mit Sorgfalt beobachtet und überwacht. Dabei werden alle auftretenden Schäden und Symptome in den Waldbeständen untersucht. Neben diesen Erhebungen werden auch Untersuchungen zur Umweltbelastung durch Schadstoffe mittels chemischer Nadel- und Bodenanalysen durchgeführt. Es konnte nachgewiesen werden, dass das Auftreten vieler Waldschäden ihren Ursprung in ungünstigen Witterungsverläufen hat: Schneearme Winter wie 2015/16 oder schneereiche Winter wie 2013/14, Spätfroste, feuchte Frühjahre, trockene heiße Sommer wie 2015, bzw. verregnete Sommer wie etwa 2014, sowie Sturm- und Hagelschäden. Solche außergewöhnliche Witterungsperioden wirken sich oft über Jahre hinweg aus. In der Folge begünstigt dies manches Schädlingsauftreten, wie den Befall durch Borkenkäfer, Fichtennadelblasenrost, Kiefernprozessionsspinner und anderen Schadinsekten und Pilzkrankheiten oder führt zu sonstigen auffälligen Verfärbungserscheinungen in den Baumkronen“, informiert Silvester Regele, Amtsdirektor des Forstinspektorats Bruneck. Zu diesem Forstinspektorat des unteren Pustertals zählen die Forststationen in Bruneck, Steinhaus, Sand in Taufers, Kiens, Stern und St. Vigil in Enneberg. Das Gebiet umfasst 124.130 Hektar Fläche, davon sind 43 Prozent, also 53.607 Hektar, Wald. Der Wald im Oberpustertal dagegen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Forstinspektorats Welsberg, wie der dortige Amtsdirektor Günther Pörnbacher bestätigt: „Zu unserem Forstinspektorat zählen Forststationen in Welsberg, Toblach, Innichen und Olang. Unser Gebiet umfasst eine Fläche von 71.978 Hektar, davon sind 39.322 Hektar, das sind ganze 55 Prozent, bewaldet.“

Silvester Regele, Amtsdirektor Forstinspektorat Bruneck:“Ist der Wald gesund, ist es unsere Umwelt auch.“

NADELWALDBESTÄNDE
Im Pustertal finden sich reine Nadelmischwälder, deren Zusammensetzung variiert, erläutert Gottlieb Moling, Amtsdirektor Stellvertreter des Forstinspektorats Bruneck: „Die Böden, die geologischen Unterschiede, die Standorte und die Höhenlagen bestimmen die Zusammensetzung der Mischbestände in unseren Nadelwäldern. In Südtirol finden sich fünf unterschiedliche Nadelbaumarten: Fichte, Lärche, Tanne, Kiefer und Zirbe. Unsere heimische Kiefer ist die Weißkiefer, bei uns auch als Föhre bekannt. Andere Kiefern wären: Latsche oder Schwarzkiefer.“ Der Grund für die reinen Nadelmischwälder im Pustertal sei das kontinentale Klima, welches sich charakterisiere durch lange, kalte und schneereiche Winter, relativ warme und regenreiche Sommer sowie die großen Tag-Nacht-Temperaturunterschiede. „Unser Wald ist gesund. Im Pustertal gibt es keine großen Ballungszentren, die anderenorts durch große Massen ungefilterter Emissionen ganze Waldbestände zum Absterben gebracht haben. Auch gab es bei uns in der Vergangenheit keine argen Fehlentscheidungen bei der Aufforstung und wir haben auch keine ausgesprochen langen Zeiträume mit Trockenheit, in der sich viele Schadinsekten wie etwa der Borkenkäfer besser entwickeln“, expliziert Moling.

KLIMAVERLAUF
„Sämtliche Baumschädlinge leben seit jeher in unseren Wäldern. Es kommt aber zu einer Massenvermehrung, wenn sich die Lebensbedingungen für diese Schadinsekten verbessern. Das kann durch Fehler bei der Aufforstung passieren, wenn zum Beispiel durch eine reine Kiefernwirtschaft optimale Bedingungen für die Verbreitung des Kiefernprozessionsspinners geschaffen werden oder aber auch durch den Klimawandel, der die Ausbreitung von Schadinsekten, und damit die Waldschäden begünstigt“, verdeutlicht Regele indem er auf das Jahr 2016 verweist: „2016 war gekennzeichnet durch einen Winter mit Temperaturen, welche um ca. 0,5 Grad Celsius höher als im Durchschnitt lagen. Der Frühling war zwar mild, kannte aber plötzliche Temperaturstürze mit Schneefall auch im Talboden. Der Sommer war regenreich mit außergewöhnlich vielen Gewittern. Der Herbst war wechselhaft und der Dezember gänzlich trocken.“

Gottlieb Moling, Amstdirektor Stellvertreter, Forstinspektorat Bruneck: „Nachhaltigkeit entstammt der Waldwirtschaft.“

SCHÄDLINGE & PILZERKRANKUNGEN
„Die Vermehrung des Borkenkäfers steht in unmittelbarer Abhängigkeit von Witterungsereignissen, wie Windwurf, Schneebruch und Trockenheit. Der Borkenkäfer kommt normal in der Lebensgemeinschaft Wald vor, aber durch den Wind und den Schnee bekommt er besonders im Oberpustertal mehr Nahrung. Werden große Waldflächen vom Borkenkäfer befallen, bietet sich ein trauriges Bild. Eine Massenvermehrung findet erfahrungsgemäß zwei Jahre nach einem größeren Schadholzereignis statt, weshalb nach den Schneedruckschäden des Winters 2013/14 heuer eine solche schon zu beobachten ist. Damals wurde angeraten, die Aufräumarbeiten so schnell wie möglich durchzuführen und auch alle beschädigten Bäume zu entfernen. Besonders wo dies nicht oder nur zum Teil erfolgte, muss man leider vermehrt mit Käferbefall rechnen“, gibt Pörnbacher zu Bedenken und führt ein weiteres Problem an, das speziell im Oberpustertal Thema ist, das Eschentriebsterben: „Bei dieser Infektionskrankheit handelt es sich um einen eingeschleppten Schlauchpilz aus Ostasien. Eschen sind besonders anfällig dafür. Die Verbreitung erfolgt ausschließlich über Sporen. Das Holz eines infizierten Baumes, der verfrüht seine Blätter abwirft, verfärbt sich und ist somit wertlos.“ Ein interessantes Phänomen ist der Elzenspinner, berichtet Moling: „Sehr viele Insekten sind gewissermaßen spezialisiert auf gewisse Baumarten oder Sträucher, wie der Elzenspinner, der die Traubenkirsche, die im Pustertal häufig als Heckenstrauch zu finden ist, mit seiner Gespinstbildung befällt und die Sträucher schließlich kahl frisst.“ Nach dem Sommer 2015, welcher durch Trockenheit und hohe Temperaturen gekennzeichnet war, ergab sich eine starke Befallszunahme des Kiefernprozessionsspinners. Zwar sei das Pustertal aufgrund des kontinentalen Klimas noch verschont geblieben, aber, so Regele, „im Eingang des Pustertals ist der Prozessionsspinner bereits zwischen Schabs und Mühlbach aufgetaucht. Besonders die Kiefer ist ein typischer Standort für diesen Schädling, und Kiefern finden sich in großer Zahl auf der Pustertaler Sonnenseite und im Brunecker Talkessel. Der Prozessionsspinner ist ein Schmetterling, und als solcher harmlos. Aber im Raupenstadium erzeugen vor allem seine Haare allergische Reaktionen beim Menschen.“

WIRTSCHAFTS- UND SCHUTZWALD
„Beim Wald unterscheidet man in reine Wirtschaftswälder und Schutzwälder, die etwa vor Lawinenabgängen, Steinschlag oder Erdrutschen schützen. In Südtirol haben wir aufgrund der Gebirgslage mehr Schutzwald. Beim Wirtschaftswald hat die Nutzfunktion vorrangige Bedeutung, d. h. die Waldbesitzer können ihr Holz wirtschaftlich nutzen. Schutzwälder können genauso in Privatbesitz sein, aber hier hat die Schutzfunktion Vorrang“, weiß Moling. Aber in jedem Fall ist es keinem Waldbesitzer freigestellt, seine Bäume nach Belieben zu fällen, so Regele: „In Südtirol muss jeder Baum, der geschlägert wird, durch die Forstbehörde ausgezeigt werden. Möchte ein Waldbesitzer Bäume in seinem Wald fällen, informiert er die zuständige Forstbehörde. Diese entscheidet nach waldbaulichen Kriterien, welche Bäume geschlägert werden dürfen. In erster Linie sind das reife oder beschädigte Bäume.“ In den letzten Jahren sind die Wälder für ihre Besitzer wieder attraktiver geworden, so Pörnbacher: „Die Wälder gewinnen für die Grundbesitzer wieder an Wichtigkeit. Das mag auf den recht guten Holzpreis zurückzuführen sein, aber auch darauf, dass viele Bauern Motorsägenkurse besuchten und selbst in ihren Wäldern arbeiten.“ Der inzwischen stark angestiegene Holzpreis, besonders beim Zirbenholz , erklärt sich, wie Moling anführt, aus dem Wellnesstrend: „Südtirolweit haben wir etwa fünf Prozent Zirben, im Pustertal sind es sieben Prozent. Aufgrund der positiven Eigenschaften, die man dem Zirbenholz nachsagt, ist der Bedarf stark gestiegen, was den Preis für Zirbenholz in den letzten zwei Jahren um zum Teil 400 Prozent in die Höhe getrieben hat. Durch die generell letzthin gestiegenen Holzpreise wurde die Waldwirtschaft wieder lukrativer, und das wiederum wirkt sich positiv auf die Waldpflege aus.“

Günther Pörnbacher, Amtsdirektor Forstinspektorat Welsberg: „Der Wald ist wieder lukrative Ressource.“

WALDPFLEGE UND ENDNUTZUNG
Die Waldwirtschaft kennt zwei grundsätzliche Maßnahmen: Die Waldpflege und die Endnutzung. „Die Waldpflege ist nötig, damit die Bäume mehr Platz bekommen und Holz in besserer Qualität, Vitalität und Stabilität hervorbringen. Ist der Baum ausgewachsen, wird er der Endnutzung zugeführt. Im Schnitt ist ein Baum nach 100 bis 150 Jahren erntereif, bei der Zirbe sind es 200 bis 300 Jahre“, expliziert Regele. Alles, was mit dem Thema Wald zusammenhängt, untersteht somit langen Planungsphasen, präzisiert Moling: „Die Waldpflege beginnt, wenn ein Baum etwa 30 Jahre alt ist, die Endnutzung frühestens nach 100 Jahren. Die Forstbehörde muss aufgrund der langen Wachstumsphase sicher stellen, dass Wälder nicht geplündert werden, um die Katastrophen aufgrund von Kahlschlägen in vergangenen Jahrhunderten nicht zu wiederholen. Den Wert der Nachhaltigkeit, ein Begriff, der heute in aller Munde ist, hat man zuerst in der Waldwirtschaft erkannt, denn man kann immer nur so viel Wald nutzen, wie periodisch nachwächst. Ein Menschenleben reicht nicht aus, um einen Baum, den man gepflanzt hat, auch zu ernten.“ (SP)