Auf die Plätze, enten los!
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Puschtra Kirschta isch!

Der Herbst ist die Hauptsaison des Puschtra Kirschtas. Kaum in einem anderen Landesteil wird der Kirchtag so zünftig und deftig gefeiert wie hier.

 

Kirschta, Kischta, Kirta, Kirtig – die dialektale Ausdrucksweise des Kirchtag-Festes im Pustertal ist von Tal zu Tal verschieden. Am gebräuchlichsten ist wohl der Kirschta. Der Brauch ist bei uns meist verbunden mit dem Erntedank am Ende des Sommers. Andererseits liegt der Ursprung im Patrozinium, dem Namenstag des Schutzheiligen, dem die Dorfkirche geweiht ist. Vielerorts ist im Laufe der Zeit daraus ein weltliches Ortsfest geworden und ein willkommener Grund, zünftig zu feiern.

DER KIRSCHTA-MICHL
Hauptattraktion des Kirschtas ist das Aufstellen des Kirschta-Michl-Baums. Am Kirschta-Samstag wird ein gefällter Baumstamm feierlich durch das Dorf befördert, mit ihm der Michl: Eine Puppe aus Stroh und bekleidet mit Hemd, Lederhose, Lodenjacke, Schuhen und Hut, in der einen Hand hält sie einen Kirschtakrapfen, in der anderen eine Weinflasche. Mit lautem Tschinderassa fährt die rustikale Prozession durchs Dorf zum Festplatz. Dort wird die Puppe ans obere Ende des Baumes gebunden. Der Baum wird dann von starken Burschen mit anfeuerndem Hauruck aufgestellt. Das Fest kann beginnen und wird umrahmt von Volksmusik, Bratwurstduft und nicht zu wenig Flüssigbrot. Es dauert für die Verantwortlichen des Michl-Baums sogar die ganze Nacht. Der Michl muss nämlich bewacht werden, denn es wäre die schmählichste Schande, wenn der Michl nachts gestohlen würde, was mancherorts passiert ist und zu ernsthaften Raufereien ausuferte. Am Kirschta-Sonntag oder –Montag wird der Michl-Baum wieder niedergebracht, nachdem er zuvor versteigert oder verlost wurde. Der Erlös kommt dem veranstaltenden Verein oder wohltätigen Zwecken zugute.
Übrigens scheint das Wort Michl nicht auf den hl. Michael zu deuten, sondern auf das mittelhochdeutsche „michel“ im Sinne von „groß“, womit wohl die Länge der Stange gemeint ist oder das üppige Dorffest. Ist die Puppe immer männlich bekleidet, so gibt es allein in Prettau das weibliche Gegenstück dazu, nämlich die Usche, die am Namenstag der hl. Ursula ihren Kischta hat. (IB)

Der Kirschta-Michl

KIRSCHTA-KRAPFEN
Rund um den Kirschta wird in den Familien großzügig aufgetischt: Niggilan, Ofenmus, Schöpsernes Bratl und die köstlichen Kirschta-Krapfen, die in Taufers wegen ihres aufgeblasenen Aussehens Plöddra (Ploderer) genannt werden.         Das Aufstellen des Kirschta-Michl-Baums unterliegt neuerdings den verschärften Sicherheitsauflagen für öffentliche Feste, zumal immer wieder schwere Unglücke passiert sind. Damit dieser schöne, alte Brauch trotzdem erhalten bleibt, sei die nötige Vorsicht der Veranstalter geboten.

Natürlich dürfen die Kirschta-Krapfen auf keinem Kirschta fehlen!