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Selbstbewusst – selbstsicher – Selbstverteidigung

Das Thema Sicherheit ist ein Dauerbrenner im gesellschaftlichen Raum. Was muss die Politik tun, um unsere Sicherheit zu gewährleisten? Was kann man selbst tun, um Gefahren zu vermeiden oder in gefährlichen Situationen angemessen zu reagieren? Ein möglicher Ansatz ist die Aneignung von Selbstverteidigungstechniken.

 

 

Man kann es drehen und wenden wie man will: die Welt, auch in unserer näheren Umgebung, verändert sich – meist nicht gerade zum besseren. Die Rücksichtslosigkeit nimmt zu, egal ob in der analogen oder in der digitalen Welt, und damit einher geht auch eine steigende Bereitschaft zu Gewalt. Sündenböcke dafür zu suchen ist sinnlos. Rücksichtslosigkeit ist keine Frage der Hautfarbe oder Herkunft. Das einzige was Sinn macht: selbst rücksichtsvoll sein und sich gezielt dafür wappnen, wenn man einem Grobian oder Ganoven ǘber den Weg laufen sollte. So eine Vorsichtsmaßnahme sind zum Beispiel Kurse für Selbstverteidigung. Dabei betreibt man Sport und stärkt zudem das Selbstvertrauen. Eine Maßnahme, die also jedenfalls Sinn macht, ganz egal ob man sich ertüchtigen oder Ängsten vorbeugen will.

Der Puschtra sprach mit Werner Ploner, einem sehr erfahrenen Kampfsportler und Meister der Selbstverteidigung, über die verschiedenen Aspekte von Selbstverteidigungskursen.

Werner Ploner lehrt Selbstverteidigung.

Puschtra: Immer mehr Menschen haben ein erhöhtes Bedürfnis nach Sicherheit. Ist unser Umfeld tatsächlich gefährlicher geworden?
Werner Ploner: Mittlerweile rückt das Thema „Gewalt gegen Frauen“ auch bei uns in Südtirol immer mehr in die Schlagzeilen und hat in der Öffentlichkeit immer größere Beachtung gefunden. Laut aktueller Statistik ist die Zahl von Bedrohungen und physischer Gewaltanwendungen auch bei uns gestiegen, was ein Umdenken mit entsprechenden vorbeugenden Maßnahmen erfordert. Es handelt sich dabei um tätliche Angriffe und Aggressionen verschiedenster Arten, und nicht zu unterschätzen die Vielzahl an psychischen Attacken wie Beleidigungen und Belästigungen welche Frauen und Mädchen oft ausgeliefert sind. Die Fähigkeit NEIN zu sagen, GRENZEN zu setzen und ENTSCHLOSSEN zu reagieren sind wichtige Aspekte zur eigenen Sicherheit und Freiheit im täglichen Leben. Gefahrensituationen abzuschätzen, fähig zu sein Sicherheitszonen einzuhalten und gegebenenfalls mit einfachen Tricks und körperlichen Aktionen richtig zu reagieren, das alles kann in einer Notsituation sehr hilfreich sein.

Es gibt Selbstverteidigungskurse, die quasi maßgeschneidert sind für Frauen und Mädchen. Müssen die Teilnehmerinnen eine gewisse Grund-Fitness mitbringen oder kann prinzipiell jede Frau daran teilnehmen?
Ja genau, maßgeschneidert nach der „Methode Yoseikan“ deren Struktur, zeitlicher Aufbau und Kursinhalte spezifisch für Frauen und Mädchen ausgerichtet sind. Ein Basiskurs, umfasst ca. 8 Einheiten zu jeweils 1.5 Stunden, wobei in jeder Kurseinheit ein spezielles Thema gemeinsam bearbeitet wird. Der Kurs beinhaltet unter anderem effiziente Verteidigungstechniken, Tipps und Tricks kombiniert mit psychologischen Grundkenntnissen zur Förderung des Selbstvertrauens und des Selbstschutzes. Mit viel Information, praktischen Übungen, Rollenspielen und lautstarkem Stimm- und Schreitraining sollen die Teilnehmerinnen nützliche Verhaltensweisen kennenlernen, sich eigener Stärken bewusst werden und Ratschläge bekommen wie man diversen Aggressionen entgegenwirken kann. Prinzipiell kann natürlich jede Frau daran teilnehmen, da die Intensität der Übungsausführungen an die jeweilige Gruppe angepasst wird. Eine bestimmte Grund- Fitness und ein ärztliches Attest vom Hausarzt, welcher den Gesundheitsstatus zur Ausübung der Tätigkeit bestätigt, ist notwendig. Um einen möglichst großen persönlichen Nutzen aus dem Kurs zu ziehen wird auch ein bestimmtes Maß an Konzentration und Aufmerksamkeit von den Frauen und Mädchen abverlangt.

Mit der Teilnahme am Kurs allein wird’s aber wohl nicht getan sein. Muss man Selbstverteidigung auch daheim regelmäßig üben?
Selbstverständlich ist jede Art von Selbstverteidigungskurs in einem zeitlich begrenzten Rahmen kein Ersatz für einen regelmäßig besuchten Unterricht im Kampfsport. Auch wenn im Kurs einige Techniken davon verwendet werden, erfordert die Anwendung dieser Techniken normalerweise viele Jahre der Übung und der Reife. Aus diesem Grund beschränkt man sich auf einfache, effiziente Angriffs- und Abwehrtechniken welche relativ leicht erlernbar sind. Aber auch zu Hause kann und sollte man sich weiterhin mit der Materie befassen, um das Erlernte, sei es in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf die erhaltenen Informationen – sprich nützlichen Verhaltensweisen und Strategien – zu festigen bzw. zu vertiefen, damit es in Notsituationen schnellstmöglich abrufbereit ist. Die erhaltenen Trainingshinweise für zu Hause sollten befolgt und entsprechend aufgearbeitet werden.

Wer sich selbst verteidigen kann hat vermutlich auch ein größeres Selbstvertrauen. Inwieweit spielt mentales Training bei einem Selbstverteidigungskurs eine Rolle?
Ein gefestigtes Bewusstsein, sich wehren und schützen zu können, steigert natürlich die Selbstachtung und Selbstsicherheit. Durch viel Übung, fleißiges Training und intensives Befassen mit der Materie werden das Selbstvertrauen, der Mut, die mentale Stärke – und der natürliche Instinkt des Selbstschutzes erheblich gesteigert.
Mentales Training nimmt auf jeden Fall eine Schlüsselrolle in der Selbstverteidigung ein. Bekanntlich sucht sich ein Täter meistens ein „wehrloses“, oder vermeintlich „schwaches“ Opfer aus. Wenn er dann aber von einer „mental starken“, „entschlossenen“ Frau überrascht wird erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Aggressor davon ablässt. Täter suchen Opfer, keine Gegner! Selbstverteidigung bzw. Selbstbehauptung fängt also schon viel früher an als angenommen. Lernen sich zu behaupten ist sehr wichtig! Durch verbale Abgrenzungsstrategien, selbstbewusstes, sicheres Auftreten und frühes Abschätzen von Gefahrensituationen können oft unliebsame Situationen bereits im Vorfeld abgefangen werden.

Sicher ist, wer sich selbstsicher fühlt.

Gibt es ein Mindestalter für Mädchen, das du empfehlen kannst, um mit einem Selbstverteidigungskurs zu beginnen?
Ich selbst habe spezielle Selbstverteidigungskurse für Mädchen im Mittelschulalter abgehalten und dabei sehr positive Erfahrungen machen können und gutes Feedback bekommen. Die Inhalte, Themen und Umgang müssen auf jeden Fall an die jeweiligen Bedürfnisse der jungen Mädchen angepasst sein. In einem geschützten Raum sollen individuelle Gefühle für Grenzen und Sicherheit im Mädchenalltag gestärkt werden. Das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung soll bekräftigt werden und die Kompetenz, dass persönlich deutlich gemachte Grenzen auch respektiert werden.
Bereits in unseren Yoseikan Budo Kursen für Kinder im Volksschulalter lernen die Kinder durch Spiele, Kräfte messen, oder bei altersgerechten Wettkämpfen sich zu behaupten was ihnen hilft ihr Selbstvertrauen und den Mut zu steigern. Ein starkes, selbstbewusstes Kind entspricht weniger einem Opferprofil.

Sicherheit ist derzeit ein gesellschaftliches Dauerthema. Wäre es zu forsch, der Politik vorzuschlagen, Selbstverteidigung als Pflichtfach an Schulen einzuführen?
Auf Anfragen von verschiedenen Schuldirektionen arbeitet unser Yoseikan Budo Verein in Bruneck bereits schon länger erfolgreich mit Mittel- und Oberschulen eng zusammen. In ihren Sport- und pädagogischen Projekten werden seit Jahren Selbstverteidigungsmodule integriert, welche in unserer Vereinsstruktur im Laufe des Schuljahres mehrfach zur Freude der Schüler durchgeführt werden. Sicherlich könnte die Politik auch hier einen wichtigen Beitrag für junge Bürger leisten indem sie Selbstverteidigungskurse offiziell ins Schulprogramm aufnimmt, damit sich junge Menschen sicherer fühlen, mutiger werden und ihr Selbstvertrauen auf ihren Weg zum Erwachsenwerden stärken können.