Die Rolle der Gemeinden in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino war Thema der Tagung heute (4. April) im Innenhof des Palais Widmann in Bozen.
Auf die Bedeutung der Subsidiarität, des „Bauens des Hauses Europa von unten“, wies Landeshauptmann Arno Kompatscher, Präsident des Europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit EVTZ-Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino, hin: „Subsidiarität ist ein Thema, das uns Südtirolern besonders am Herzen liegt, es ist das, was wir leben und leben wollen.“ Südtirol sei diesbezüglich ein Best-Practice-Beispiel und befinde sich in einem Netzwerk, auch mit Ost-Belgien, dem Heimatland des Hauptredners, als traditionellem Partner.
Gebietskörperschaften in Grenzregionen seien Gradmesser und idealer Ort für die Sichtbarkeit des Mehrwertes des europäischen Handelns, erläuterte Hauptredner Karl-Heinz Lambertz, Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen, in seinem Vortrag „Die Gemeinden in Europa: Garanten für Bürgernähe“. Europa werde nur dann wieder zum Hoffnungsträger, wenn es wieder Leistungen bringe – unter anderem in der Migrationsfrage – und sich alle von der Vorstellung verabschieden, dass „Europa“ gleichzusetzen sei mit „Straßburg“ oder „Brüssel“. Vielmehr, hob Lambertz hervor, sei „Europa da, wo die Menschen leben“. Der Blick auf die Anwendung vor Ort, bei den Menschen, sei immer im Auge zu behalten, und was vor Ort als bedeutend empfunden werde, sei immer auf europäischer Ebene zu transportieren: „Die Grenzregionen und die Gemeinden in ihnen spielen in dieser Wechselwirkung eine besondere Rolle“, unterstrich er. Bei den aktuellen Herausforderungen in Europa hätten die Fortschritte in der Migrationspolitik oberste Priorität, da dieses Problem zu einer struktrellen Änderung in der politischen Landschaft Europas geführt habe. Von grundlegender Bedeutung sei es, mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen und die Handlungsfähigkeiten der Gebietskörperschaften zu stärken. „Wir brauchen eine gleichberechtigte Basis, die auch das Handeln der Gemeinden berücksichtigt“, sagte Lambertz.
In Videobotschaften unterstrichen die Gemeindenlandesräte Tirols und des Trentino die Bedeutung der Gemeinden und der Bürgernähe. Landesrat Johannes Tratter begrüßte die Bereitschaft zu grenzüberschreitendem Austausch mit der Möglichkeit des gegenseitigen Lernens, Landesrat Carlo Daldoss wies auf die Bedeutung dieses Austausches in ähnlichen Anliegen hin.
Die Forscherinnen der Eurac Research Governance Group, Greta Klotz, Alice Engl, Elisabeth Alber und Ingrid Kofler, stellten Hintergrund, Ziele, Zwischenergebnisse und nächste Schritte des Projektes Transnationale alpine Governance und Bürgernähe: Die Rolle der Gemeinden in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino vor.
Der Europäische Verbund für territoriale Zusammenarbeit EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino hat im Rahmen seines Arbeitsprogrammes für das laufende Jahr die Europäische Akademie Eurac in Bozen mit der Durchführung dieses Projektes beauftragt. Ziel ist es, Governance-Fragen an der Schnittstelle zwischen Gemeinden und Europaregion zu analysieren. Die heutige Tagung bildete den Auftakt des Projektes, informierte Euregio-Generalsekretär Christoph von Ach, der das Symposion moderierte.
Am Projekt sind neben der Europaregion auch die Gemeindeverbände sowie die CLLD-Interreg-Räte (community-led local development CLLD ist ein Instrument zur Förderung der von der örtlichen Bevölkerung betriebenen lokalen Entwicklung) beteiligt. Es sieht vor, beispielhaft mit Grenzgemeinden an den Innengrenzen der Europaregion als Pilotgemeinden an Fragestellungen zu verstärkter Kooperation zu arbeiten. Dabei sollen Themen, Wahrnehmungen, Erwartungen sowie konkrete Ansätze und Projektideen der Zusammenarbeit erhoben und erarbeitet werden. Die Pilotgemeinden, mit denen im Rahmen des Projektes zusammengearbeitet werden soll, sind Brenner, Gries am Brenner, Innichen, Mezzocorona, Salurn und Sillian. Die wissenschaftliche Forschungsarbeit wird von einem Begleitausschuss, gebildet aus Vertreterinnen und Vertretern der für Interreg zuständigen Landesämter, den CLLD-Interreg-Räten sowie den Gemeindeverbänden in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino begleitet und soll eine enge institutionelle Abstimmung und Einbettung des Projektes gewährleisten.
Erfahrungen aus der Praxis brachten heute die Vertreter des Projektbegleitausschusses Christian Stampfer von der Abteilung Landesentwicklung und Zukunftsstrategie der Tiroler Landesregierung, Peter Paul Gamper vom Landesamt für europäische Integration, Friedl Sapelza von der Genossenschaft für Weiterbildung und Regionalentwicklung in Spondinig und Giovanni Gardelli von der Abteilung Strategien für die Entwicklung institutioneller Reformen des Trentino ein. (mac)
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