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Bergbausagen

TEIL I – Vom Finden Des Erzes in früherer Zeit. Seit der Mensch die Metalle zu nützen gelernt hatte, war die Erzsuche eine  seiner rentabelsten Beschäftigungen. Die ersten Erze fand er an der Erdoberfläche in Form von Ausbissen von unterirdischen Erzlagern. Dass bei diesen ersten Funden der Zufall eine große Rolle spielte, davon zeugen viele Sagen, welche von Tieren berichten, die durch ihr Scharren mit den Hörnern oder Hufen auffällige Gesteine ans Licht brachten, die sich dann als Silber- oder Kupfererz herausstellten.

Allmählich spezialisierten sich einzelne Menschen auf die Suche nach Erzen und erwarben durch Erfahrung und genaue Beobachtung der Natur Kenntnisse, die sie in den Augen der anderen mit einer Ära des Geheimnisvollen umgaben. In den Sagen tauchten diese Erzsucher als Venedigermandln (in Tirol) oder als Wale (nördlich der Alpen) auf, die von weit herkamen und die Gegend nach Hinweisen auf Erzlagerstätten absuchten. Sie waren nicht mehr nur auf Erzausbisse angewiesen, denen man dann nachgraben konnte, sie waren auch in der Lage, aus der Beschaffenheit des Wassers oder aus dem Pflanzenwuchs einer Gegend auf Erzvorkommen zu schließen. Sie bedienten sich auch der Wünschelrute. Tirol, das im 15. und 16. Jahrhundert das in Europa führende Bergbaugebiet war, wurde damals systematisch nach Erzlagerstätten abgesucht, und zwar bis ins Hochgebirge hinauf. Man ist dann jeder Spur nachgegangen, wobei allerdings sehr viele Schürfe über Versuche nicht hinauskamen. Die meisten Bergwerke sind mit Entstehungssagen versehen, die eine innere Verwandtschaft erkennen lassen.

Entstehungssage – Ahrner Bergwerk
Die Ahrner erzählen von der Entstehung ihres Bergwerkes Folgendes: Ein Bauer führte einen Stier von der Krimml herüber, den er dort auf dem Markte erhandelt hatte. Dieser Stier entdeckte das Ahrner Bergwerk. Der Bauer hatte nämlich seine liebe Not mit dem bösartigen Tier, und wenn er es hätte tun können, wäre er lieber stracks wieder über den Tauern gegangen und hätte das Vieh drüben gelassen.  So aber verfluchte er es zu allen Teufeln. Auf einmal, wie er voll Zorn mit dem Stecken aufs Tier loshaut, wird der Stier wütend und scharrt mit den Hörnern und den Vorderfüßen ein großes Loch auf. Unter den herausgeworfenen Steinen waren auch solche, welche einen goldigen Schimmer hatten. Der Bauer meinte, das sei lauter Gold, und trug sie zum Goldschmied heraus. Es waren aber Kupfererze. Das fing man an zu graben und stieß auf so mächtige Erzlager, dass die Knappen über den Krimmler Tauern herüber berufen wurden und das Bergwerk seinen Anfang nahm.

Entstehungssage – Anichen bei Gossensass
Die Täler von Gschnitz und Pflersch waren einst – besonders das letztere – reich an Bergwerken , wovon sich die Nachkommen nicht genug zu erzählen wissen, besonders von den Silbergruben. Und all den Reichtum deckte ihnen ein Mann der dortigen Gegend mit einer so wunderkräftigen Wünschelrute auf, dass auch der verborgenste und tiefste Schatz damit gefunden werden konnte. Er wohnte zu Anichen, und die Knappen wurden so reich, dass sie manchmal mit Trommeln und Pfeifen zum Gottesdienst nach Gossensass zogen und allda vor 400 Jahren die Kirche zum heiligen Anton stifteten. Sie stellten als Wahrzeichen auf einen Altar einen Heiligen mit einem Hammer in der einen und mit einer Erzstufe in der anderen Hand hin, der jetzt noch dort steht. Das Altarblatt selbst zeigt  die heilige Barbara – die Schutzpatronin der Tiroler Bergknappen. Als der Mann sein Ende nahen fühlte, ging er auf die Spitze des riesengroßen Tribulaun, der gar ernst und dunkel zwischen den Gschnitz- und Pflerschtälern emporsteigt und von allen Seiten isoliert bei Anichen sich mit der Weißspitze schön zeigt, vergrub seine Wünschelrute und verschied. Und als man ihn am andern Tag eingraben wollte, war er mit Haut und Haar verschwunden.

Pflersch: Knappen – Freveltaten
Der reiche Bergsegen stieg den Knappen sehr in den Kopf, sodass verschiedene Freveltaten verübt wurden. Sie ließen sich goldene Nägel in ihre groben Schuhe schlagen und gaben im ganzen Tal protzig den Ton an. Eines Tages wollten die übermütigen Bergleute die Frau ihres Hutmannes erschrecken. Einer von ihnen legte sich auf eine Bahre, welche man  zudeckte und aus dem Stollen vor ihr Haus trug. Mit gekünstelter Miene teilte ihr einer mit, ihr Mann sei tödlich verunglückt. Da warf sich das verzweifelte Weib über die angebliche Leiche, riss das Tuch weg und sah wohl einen Toten, aber nicht ihren Gatten vor sich. Der Herrgott hatte den Frevler, der den toten Hutmann hatte mimen wollen, selbst mit dem Tode bestraft.

Schneeberg – Entstehungssage
Einst zog ein Jäger aus dem Passeiertal nach dem Schwarzsee ob Rabenstein, um Gamswild und Steinböcke zu jagen. Als er zu Seemoos auf einem Felsblock ruhend die  umliegenden Grate nach dem Wild abäugte, sah er plötzlich am Ufer des stillen Alpsees eine Frauengestalt sitzen, angetan mit silberschimmerndem Kleid, so weiß und glänzend wie die umliegenden Firne und mit goldglitzerndem Geschmeide an Hals und Armen. Die winkte den Jäger zu sich und zeigte ihm funkelndes Edelgestein, das in ihrem Schoß lag. All die Schätze wollte sie dem Jäger geben und deren Fundstellen zeigen, wenn er ihr verspreche, abzulassen von der weiteren Verfolgung des unter ihrem Schutz stehenden Wildes. Sie forderte, dass er seine Armbrust vor ihren Augen vernichte und gelobe, fürderhin die Jagd aufzugeben. Von Habsucht beseelt, zerschmetterte der Jäger seine Armbrust und leistete den Schwur, worauf er die Taschen mit dem wertvollen Edelgestein füllte. Die Frau zeigte sodann dem Jäger an den aus den Firnen hervorragenden Felsriffen Spalten voll edlem Silbererz. Sie drohte ihm aber auch mit schwerer Strafe, wenn er seinen Schwur brechen würde, und ebenso plötzlich war sie den Augen des Jägers entschwunden. Bald zogen mit dem Jäger Knappen auf die unwirtlichen Bergeshöhen. Stollen um Stollen wurden eröffnet, und überall fand sich reiches Erz, das in schwerer Menge mit Schlitten und Sackzug zu Tal geschafft wurde. Während der strengen Wintermonate ruhte die Arbeit; sobald aber der Föhn das Eis brach, zogen stets vermehrte Knappenscharen nach dem erzreichen Schneeberg, auf dem bald ein ganzes Dörflein mit einem dem hl. Martin geweihten Kirchlein erstand.

In den alten Tagen des Jägers erwachte jedoch wieder die Jagdlust in unbezähmbarer Kraft; er verfertigte sich eine neue Armbrust mit starker Sehne und erlegte damit uneingedenk des geleisteten Schwurs an einem Sonntag einen prächtigen Steinbock mit gewaltigem Gehörn. Doch die Strafe folgte auf dem Fuß: ein Eisblock löste sich aus dem Firn und zermalmte den Frevler unter seinem Sturz, und als die Knappschaft am andern Tag zur Grube kam, fand sie kein Silber mehr, sondern bloß wertloses Blendgestein, das sich nicht schmelzen ließ.

Klausen Entstehungssage
Auch die Bergwerke von Klausen, Gossensass und Terlan wurden von Venedigern den Bewohnern zugeführt. Tat sich da ein Venediger im Walde weh – er rutschte aus und stürzte über einen steilen Abhang hinunter – und konnte nicht mehr weiter. Eine alte Frau mit ihrer Tochter trafen das Männlein, als sie Holz sammelten. Beide mühten sich nun mit ihm ab. Sie nahmen den Venediger in ihre Hütte, verbanden und pflegten ihn. Als er geheilt war, verschwand er spurlos. Nach einigen Tagen kam er mit einem Sack, der gefüllt war mit Erzen, und übergab ihn als Dank für die Mühe, die man sich um ihn machte. Er wies auch den Weg zu diesen Erzen. So entstand das Bergewerk Klausen.

Terlan – Entstehungssage
Die günstigen Bergbau-Erfolge in Nals und die daselbst gemachten reichen Erzfunde ermutigten, auch an anderen Orten nach Erz zu suchen. So zog auch ein armes Bäuerlein einst auf die Höhen ob Terlan und suchte nach dem uralten St. Peterskirchlein Tag für Tag die Spalten des kalten Porphyrgesteins nach Erzspuren ab. Doch vergeblich war sein Mühen, und immer wieder kam er mit leeren Taschen heim. Gar traurig saß er eines Tages unter dem Holerstrauch und verwünschte sein Missgeschick. Da erschien ein alter, grauer Mönch mit langem, wallendem Bart und brauner Kutte, der ihn wohlwollend ansprach, seinen Mangel an Gottvertrauen und seinen Kleinmut rügte und ihm auftrug, den Holerstrauch auszuroden, worauf er das Gesuchte finden würde. Das Bäuerlein tat, wie ihm der Mönch befohlen, und siehe da, an den Wurzeln des Strauches hingen zarte Silberfäden wie feine Gespinste, die einem derben Erzstock entsprossen. Das geschah um das Jahr 1500, und bald hernach wurde hier eine Grube, die „Holerstaude“ genannt, eröffnet, die reichen Ertrag abwarf. Das hier gewonnene Erz hielt fünf Prozent SiolerstHollber nebst großen Mengen von Bleimetall, und bald zählte man an der Gebirgslehne ob Terlan, die man heute mit „Silberleithen“ bezeichnet, 30 ganghafte Gruben, deren Betrieb sich bis zum Jahre 1653 aufrecht erhielt.