Pustertal – Schon seit mehreren Jahrzenten ist der Führerschein in Italien von der Mehrwertsteuer laut Dekret Nr.633 befreit. Nun hat der Europäische Gerichtshof zum Entsetzen aller Fahrschulbetreiber beschlossen, dass italienische Fahrschulen den Mehrwertsteuersatz von 22 Prozent für den Führerschein berechnen müssen.
Begonnen hat die Diskussion bereits im Vorjahr, als sich Deutschland beim Europäischen Gerichtshof erkundigte, ob es möglich wäre, so wie in Italien, die Führerscheine von der Mehrwertsteuer zu befreien.
Am 14. März 2019 verabschiedete der Europäische Gerichtshof somit einen Beschluss, welcher besagt, dass die Fahrschulen in Italien die Mehrwertsteuer anwenden müssen. Jedoch drang diese Maßnahme nicht bis zu den Fahrschulen durch – diese unternahmen somit nichts. Finanzkontrollen bestraften nach Verabschiedung des Beschlusses in der Zone Triest mehrere Fahrschulen nach Routinekontrollen. Die Fahrschulen bestanden jedoch auf ihre Unschuld, da sie ja schon seit langem so verfahren und seit Jahrzenten keine Mehrwertsteuer für Führerscheine verrechnen würden.
Somit wurde bei der Agentur der Einnahmen nachgefragt und es stand fest: diesen Beschluss
gibt es.
Nachzahlungen von fünf Jahren
Am 2. September 2019 veröffentlichte die Agentur der Einnahmen in der „Gazzetta ufficiale“ (Risoluzione N.79) die Antwort auf die Frage, wie nun alles geregelt ist: ab dem 2. September 2019 müssen alle Fahrschulen in Italien, somit auch in Südtirol, den Mehrwertsteuerbetrag bezahlen. Und nicht nur das. Der Staat will die gesamten „geschuldeten“ Steuern ab dem 14. März 2019 und von vor fünf Jahren rückwirkend einholen. Das würde bedeuten, dass die über 7000 Fahrschulen italienweit, davon befinden sich 25 Fahrschulen in Südtirol, bei allen ausgestellten Rechnungen ab dem 1. Januar 2014 die Mehrwertsteuer zurückbezahlen müssten. Im Raum Pustertal macht das bei einem durchschnittlichen Autoführerscheinpreis von 980 Euro pro Fahrschüler rund 220 Euro aus – ein Millionenbetrag, wenn man bedenkt, dass jährlich ca. 5000 Fahrschüler den Führerschein erlangen. „Das raubt uns die Existenz. Es ist unmöglich einen so hohen Betrag zurückzubezahlen. Die Maßnahme ist einfach Wahnsinn“, erklärt der Betreiber der Fahrschule 2go, Fabrizio Cambiotti, erschüttert über den Beschluss des Europäischen Gerichtshofes.
Existenzbedrohung
Am 6. September 2019 haben sich Autoschulbetreiber in Bozen zur gemeinsamen Besprechung getroffen und diskutiert. Alle Betreiber sind erschüttert über den Beschluss des Europäischen Gerichtshofes und über die Maßnahmen des italienischen Staates, müssen diesen jedoch widerwillig befolgen.Die Betreiber der Fahrschulen sind sich doch einig: Es muss gegen diesen Beschluss vorgegangen werden, ein Rückgang von Fahrschülern bedroht die Existenz der italienischen Fahrschulen und die Folgen sind unvorstellbar. Ob es in den kommenden Jahren mit dieser Regelung weiterhin so viele Fahrschulen geben wird, die dem Beschluss standhalten können, wird sich in der nächsten Zeit zeigen. (lp)
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