Seit 1982 sind das Zillertal, das Ahrntal und das Tauferertal in enger Freundschaft verbunden. Was früher mühsam aufgebaut wurde ist langsam, aber stetig gewachsen. Heute können die Täler auf acht Freundschaftstreffen zurückblicken, durch die die Nachbarn wieder näher zusammengerückt sind.
Begrenztes gestern
Alles andere als grenzenlos beschreibt der Alt-Bürgermeister aus Sand in Taufers (1980 bis 2005) und Initiator des Freundschaftstreffens Toni Innerhofer die damalige politische Situation. Das Jahr 1919 sei für Tirol ein einschneidendes Kapitel gewesen. Die Teilung Tirols habe den Kontakt zwischen den benachbarten Tälern gebrochen. Hatte es vorher noch einen regen Austausch zwischen den Nachbarn gegeben, war dieser zum Stillstand gekommen. Innerhofer, Jahrgang 1938, hat diese Zeit hautnah miterlebt. „Ich kann mich gut an die Nachkriegszeit erinnern, an den Faschismus, die Option und an die Grenze. Wenn ich heute über den Brenner fahre, ist es für mich immer noch ein Erlebnis, dass mich niemand anhält“, erzählte der Alt-Bürgermeister. Auch an zahlreiche Widrigkeiten das Freundschafttreffen zu dieser Zeit zu organisieren kann sich Innerhofer noch gut erinnern. Laut Innerhofer sollten diese Treffen keine Bühne für Fanatismus und die damalige politische Situation bieten „Wir mussten die Politik außen vor lassen“, sagte der Alt-Bürgermeister.
Die Grußworte des damaligen Südtiroler Landeshauptmanns Silvius Magnago zum ersten Freundschaftstreffen 1982 spiegeln die Zeichen der Zeit wieder: „Wenn sich in Europa Nachbargebiete über die Grenzen hinweg um freundschaftliche Beziehungen bemühen, so ist dies immer begrüßenswert. Wenn sich jedoch zwei angrenzende Talschaften Nord- und Südtirols zu einem Treffen zusammenfinden, dann steckt viel mehr dahinter als nur das Bemühen um Freundschaft. Es ist vielmehr ein Zeichen dafür, daß man sich auf beiden Seiten dieser Grenze an die gemeinsame Geschichte, an die gemeinsame Tradition erinnert.“
Die Verbindung über die Berge zu den benachbarten Tälern sei damals für Prettau, der nördlichsten Gemeinde Italiens, „näher gewesen, als nach Bruneck“, betonte auch der Prettauer Bürgermeister Robert Alexander Steger. Wirtschaftliche und soziale Bande seinen mit den Nachbarn geknüpft worden. Die Bauern hätten ihr Vieh im Sommer auf die benachbarten Almen getrieben und diese bewirtschaftet, was sich laut Steger auch heute noch vielfach erhalten hat.
Das erste Treffen 1982
„Begegnung Ziller- und Ahrntal“ stand auf der Einladungskarte des ersten Freundschaftstreffen geschrieben, das am 25. und 26. September 1982 in Mayrhofen im Zillertal stattfand. Doch alles habe mit einem schicksalshaften Treffen im Herbst 1980 begonnen, erzählte Innerhofer. An diesem 26. Oktober habe der Alt-Bürgermeister erfahren, dass der Vizebürgermeister von Mayrhofen, Michael Stöckl, zu Gast in Sand in Taufers war, weil er den Stegener Markt besucht hatte. Die beiden trafen sich und sprachen darüber die Kontakte der Täler freundschaftlich erneuern zu wollen. Diesem Treffen folgte eine Einladung nach Mayrhofen. Diese Reise trat Toni Innerhofer gemeinsam mit den damaligen Bürgermeistern Johann Kirchler aus dem Ahrntal, Max Brugger aus Gais, Friedrich Mair aus Mühlwald und Josef Steger aus Prettau an, denn die Idee wurde von den Tauferern und den Ahrntalern begeistert aufgenommen „Wir haben uns im Europahaus getroffen und über freundschaftliche Kontakte gesprochen, daraus folgte eine Gegeneinladung, die 1981 bei uns in Sand in Taufers stattfand. Zu dieser Zeit hatte das Zillertal schon zahlreichen Partnerschaften in Amerika und Frankreich und überall in Europa waren dies die Zeichen der Zeit. Dann folgte 1982 das erste Freundschaftstreffen“, erzählte Innerhofer. Mit an die 500 Personen sei der Alt-Bürgermeister an die fünf Stunden über die Hundskehle ins entfernte Mayrhofen gewandert. An die 1.000 Menschen trafen sich damals zu einem Nachbarschaftstreffen mit einem umfangreichen Programm, das neben den Konzerten den Musikkapellen auch sportliche Vergleichskämpfe im Ranggeln, Tennis, Fußball und in den Bewerben Luftgewehr und Luftpistole umfasste. Die Feuerwehren aus den Tälern südlich und nördlich des Alpenhauptkamms führten gemeinsame Einsatzübungen durch. „Ausgemacht war, jedes zweite Jahr ein Treffen zu organisieren und zwar jeweils einmal im Zillertal und einmal im Tauferer Ahrntal. Das nächste fand dann 1984 bei uns in Sand in Taufers statt. In der Folgezeit, wurde dann vereinbart sich alle fünf Jahre zu treffen. So haben wir die Menschen kennengelernt und ich persönlich war auch sonst, unabhängig von den Treffen, sehr oft im Zillertal. Vor allem die ersten zehn Jahre war ein reger Austausch da“, berichtete Innerhofer rückblickend. 1987, 1993, 2004, 2009 und 2014 folgten dann die weiteren Freundschaftstreffen. Diesem Abkommen zufolge fand am vergangenen Wochenende, am 21. und am 22. September 2019 das Freundschaftstreffen im Tauferer Ahrntal statt.
Freunde über die Jöcher hinweg
Das 8. Freundschaftstreffen Zillertal-Ahrntal-Tauferertal wurde heuer so organisiert, dass jeweils am Samstag in allen beteiligten Gemeinden Veranstaltungen organisiert und Freizeitaktivitäten angeboten wurden. Am Sonntag hingegen trafen sich alle Festteilnehmer in Sand in Taufers, wo auf die Besucher die Festansprachen eine Feldmesse mit Dekan Martin Kammerer, ein Festumzug mit Traditionsvereinen und anschließend ein gesellschaftliches Beisammensein mit musikalischer Unterhaltung wartete. Insgesamt waren an die 3.000 – davon ca. 2000 Vereinsmitglieder und an die 1000 Besucher – Gäste auf das Festgelände in Sand in Taufers gekommen, um die Freundschaft über die Jöcher hinweg abermals zu besiegeln.
„Es zeigt sich, dass die Bevölkerung für diese Zusammenkünfte bzw. Treffen zu begeistern ist. Alleine aus dem Zillertal haben ca. 900 Personen aus verschiedenen Vereinen teilgenommen. Mit 18 Bussen sind die Teilnehmer über den Brenner angereist, wobei die Hälfte der Teilnehmer ca. 400 Personen den Weg über die Jöcher wie Hundskehljoch, Hörndljoch und Schwarzensteinhütte in das Ahrntal bewandert haben“, berichtete der Bürgermeister der Gemeinde Hippach/Schwendau und Vizepräsident des Tiroler Gemeindeverbandes Franz Hauser.
Grenzenloses heute
Auch heute noch zieht es Toni Innerhofer noch ein- oder zweimal im Jahr ins Zillertal. Was der Alt-Bürgermeister allerdings bedauert ist, dass die Beziehungen über die Jahre etwas abgeflacht sind. „Es scheint heute nicht mehr so interessant zu sein, wie früher. Früher war das Treffen ein Ereignis mit einem gewissen Reiz dahinter. Heute kann jeder über den Brenner“, meinte Innerhofer. Das grenzenlose Europa sei heute „selbstverständlich“. Dass diese Freundschaft noch über viele Jahre hinweg gepflegt werden soll, wünscht sich auch der Prettauer Bürgermeister: „Seinerzeit hat mein Vorgänger, Josef Steger gemeinsam mit Toni Innerhofer und anderen Bürgermeistern des Tales diese Treffen vorangetrieben und, dass es diese Treffen immer noch gibt ist auch ein Zeichen dafür, dass sie von der Bevölkerung akzeptiert werden. Auch die Vielzahl an Besuchern spricht dafür. Für mich sind diese Treffen eine tolle Sache und ich freue mich sie mitzuerleben.“ Steger könne sich vorstellen etwa durch einen Schüleraustausch den persönlichen Austausch zu fördern oder ein gemeinsames Rad- oder sogar Wegenetz über die Jöcher zu planen. Auch eine Verbindung mit der Zillertalbahn könne sich der Bürgermeister vorstellen, denn auch ein leichterer direkter Kontakt könne von Vorteil sein. Ideen gebe es viel, die man dann gemeinsam bei so einem Freundschaftstreffen besprechen könne, so Steger. „Diese Wege über die Jöcher waren früher die Verbindungen zwischen den Völkern und sind auch als Schmugglerpfade bekannt. Heute bilden diese eine wichtige Verbindung, wo auch der zeitgemäße Gedanke eines Radweges über das Hundskehljoch er
laubt sein sollte. War es früher der Grenzbalken am Brenner der unsere Täler und Gemeinden trennte und die Emotionen der Bevölkerung für diese gemeinsamen Freundschaftstreffen unter den vielen Mottos wie „ Freundschaftsbrücke, Tiroler Begegnungen, Grenzenlos, über den eigenen Horizont hinaus, Berge trennen Jöcher verbinden“ bildete. Ist es heute, das vereinte Europa bzw. die Europaregion die in uns den Gedanken der Zusammengehörigkeit und der Verbindungen zwischen den Völkern in unserem Europa bewegen sollen“, ist Franz Hauser der Meinung. In der offiziellen Einladung der Gastgebergemeinden heißt es: „Das 8. Freundschaftstreffen Zillertal-Ahrntal-Tauferertal soll Rückblick und Ausblick sein, Dank und Bestätigung, es soll Freude und Freundschaft bringen und die Beziehungen untereinander stärken. Die Gemeinden des Tauferer-Ahrntales sind mit Fug und Recht stolz auf diese lange Tradition, die heute, unter veränderten Vorzeichen, noch immer Bestand hat. Die grenzenlose Verbundenheit unserer Täler wird bei kaum einem anderen Anlass so deutlich, wie bei diesen Treffen.“ (TL)
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