Teil 2 – Der Fürstbischof von Brixen als Gründer der Stadt Bruneck war der Stadtherr und setzte die Beamten ein, die in seinem Namen die Stadt regierten. Dies waren der Stadthauptmann oder der Verwalter als dessen Stellvertreter und der Stadtrichter.
Ursprünglich war das Schloss der Sitz des Hauptmannes, dann verlegte dieser seinen Sitz in die Stadtgasse, wo gleich drei aneinander angrenzende Häuser für die bischöflichen Beamten zur Verfügung standen. Nach der Brandkatastrophe von 1723 kaufte der aus Deutschland zugewanderte Johann Kirchberger die drei Brandruinen und baute sie zu einem Gasthaus und einer Brauerei um. Die bischöflichen Beamten hatten das Recht, bei bürgerlichen Ratszusammenkünften präsent zu sein.
Wahl und Bestellung des Bürgermeisters
Das Bürgermeisteramt war in Bruneck von einem Bürgermeister zwei Jahre nacheinander zu verwalten. Als Begründung wird angegeben, dass einer, der das Amt das zweite Jahr verwaltet, erfahrener und kundiger ist, als wenn jedes Jahr ein neuer Bürgermeister eingesetzt wird. Einer, der schon einmal Bürgermeister war, kann erst nach 15 Jahren wieder zum Bürgermeister gewählt werden, falls keine andere taugliche und qualifizierte Person vorhanden war. Wenn ein Bürgermeister zwei Amtsjahre hinter sich hatte und willens war, das Amt aufzugeben, so musste ein neuer Bürgermeister gewählt werden. Das sollte zur Quatember und zum Ehehaft Tading (= öffentliche Bürger- und Inwohnerversammlung) zu Michaeli geschehen. Der gewesene Bürgermeister sollte einen Nachfolger vorschlagen, den er für tauglich hielt. Darauf hin geschah eine „gemeine Umfrage“ und wer dann einstimmig oder mit mehreren Stimmen im Beisein des Hauptmannes oder des Verwalters und des Stadtrichters vorgeschlagen wurde, der sollte von der ganzen Bürgerschaft gewählt werden und in das Bürgermeisteramt eintreten und von den genannten Beamten in die Pflicht genommen werden, indem er einen rechten Eid schwor bei den bürgerlichen Pflichten, dass er dem Bischof und dessen Stellvertretern treu sein werde und der ganzen Bürgerschaft ein fleißiger Vorsteher und Bürgermeister. Nach ungefähr einem Jahr soll jeder Bürgermeister über all seine Einnahmen und Ausgaben Rechnung legen. Dann wird eigens betont, dass jeder Bürgermeister ohne Vorwissen und Konsens des Stadthauptmannes, des Verwalters, des Stadtrichters und des Stadtrates keine ordentliche Ausgabe tätigen darf. Um die Autonomie der bürgerlichen Organe stand es also nicht besonders gut.
Die Besetzung des Stadtrates
Der Rat der Stadt soll zu jeder Zeit – unter Einschluss des Bürgermeisters – mit zwölf „erbarn, tauglichen, verständigen und ersamen Burgersmannen“ besetzt werden, „wie von alters Herkhomen“. Sie sollen aber nicht alle oder auch nicht zu mehrerem Teil aus dem gleichen Gewerbe kommen. Für die Wahl ist die Qualität der Person maßgeblich. Sie sollen zu den –Sitzungen im Rathaus pünktlich erscheinen, wenn sie durch den Ratsdiener dorthin gerufen wurden. Wenn jemand am Kommen verhindert war, sollte er sich beim Bürgermeister entschuldigen. Wer unentschuldigt fehlte, zahlte das erste Mal 30 Kreuzer Strafe, das nächste Mal einen Gulden und wenn er das dritte Mal fehlte, erwartete ihn der Gewahrsam in Schloss Thurn „one ainiche Verschonung unnachlässig“.
Die „Ehehaft Tading“ genannte öffentliche Bürger- und Inwohnerversammlung, die in Bruneck zuerst vier- und später dann dreimal im Jahr stattfand, und zwar zu Weihnachten, zu Mittfasten und zu Michaeli, war die demokratische Gelegenheit schlechthin, am Verlauf des Gemeinwesens mitzuwirken. Es trafen sich die Bürgerschaft und Gemain mit dem Stadtrat und den bischöflichen Beamten. Wie wichtig die Teilnahme war, erkennt man daran, wie diese Versammlungen angekündigt wurden. Einmal ging der Viertelmeister von Haus zu Haus und kündigte das Ehehaft Tading an. Dann läutete am betreffenden Tag zwischen elf und zwölf Uhr mittags die große Glocke der Rainkirche. Wer an der so angekündigten Versammlung unentschuldigt nicht teilnahm, musste 15 Kreuzer Strafe zahlen.
Die Personalentscheidungen der Bürgerschaft
Die wichtigste Personalentscheidung, die anlässlich eines Ehehaft Tadings gefällt wurde, war – wie schon in Teil 1 erwähnt – die Wahl des Bürgermeisters. Auch zum Stadtschreiber wurde nur, wer auf dem Ehehaft Tading die dafür notwendigen Stimmen erhielt. Eine relativ wichtige Position nahmen die sechs Viertelmeister ein, die von der Bürgschaft gewählt und vom Stadthauptmann vereidigt wurden. Die Altstadt von Bruneck zerfiel in vier Stadtviertel, zu denen auch noch Ober- und Außerragen als eigene Viertel kamen, sodass sechs Viertelmeister ihres Amtes walteten. Sie waren organisatorisch sehr vielfältig tätig, ihre Hauptaufgabe war aber die Kontrolle der Feuerstellen und der Rauchfänge. Gemeinsam mit dem Gerichtsdiener hatten sie zu jeder Quatember die Häuser aufzusuchen und den Zustand und das Funktionieren der Feuerstätten und Rauchfänge zu kontrollieren, auf dass die Feuersgefahr möglichst hintan gehalten werden konnte. Wenn sich jemand bezüglich des Feuers fahrlässig verhielt, hatten die Viertelmeister an den Bürgermeister oder an die bischöflichen Beamten Meldung zu machen, die dann Strafen verhängten. Etwas eigenartig mutet die Bestimmung an, dass die Viertelmeister auf ihren Kontrollgängen nur die Häuser der Bürger und der Inwohner betreten durften, nicht aber die des Adels und der Geistlichen. Dort hatten sie sich vorher „beim Herrn und Patron im Haus“ anzumelden und mit Bescheidenheit den Grund ihres Besuches zu erklären. Sie sollten in den besseren Häusern nur bei wirklich groben Mängeln einschreiten. Eine weitere wichtige Aufgabe der Viertelmeister war das Eintreiben der Steuern im jeweiligen Stadtviertel. Damit sie dieser Aufgabe gewachsen waren, stellte ihnen der Bürgermeister einen Zettel zu, auf dem die Höhe der zu zahlenden Steuer vermerkt war. Das einkassierte Geld war dann dem Bürgermeister ohne Verzug zu übergeben.
Bürger und „Inwohner“
Das Bürgerrecht der Stadt wurde nur an ehelich geborene Söhne weitergegeben. Daher war die eheliche Geburt von mehreren Zeugen zu bestätigen und beim Stadtrat anzumelden. Wer das Bürgerrecht bekommen wollte, musste vor allem erklären, dass er der katholischen Religion angehörte. Im Zweifelsfalle sollte er diesbezüglich von der geistlichen Obrigkeit examiniert werden. Dann hatte er zu erklären, dass er keinem Herrn in Leibeigenschaft unterworfen sei. Der Bürgerschaftsaspirant hatte dann vor dem Stadthauptmann oder dessen Verwalter, dem Stadtrichter, dem Bürgermeister und dem Stadtrat zu erscheinen und einen Eid zu Gott und den Heiligen zu schwören, dass er den städtischen Behörden gegenüber gehorsam sein, ihren Nutzen fördern und Schaden von ihnen abwenden werde. Nach den frühen Stadtordnungen war dann an den Bürgermeister eine nicht unbedeutende Geldsumme von fünf Gulden und 12 Kreuzern zu zahlen, wenn jemand Bürger der Stadt werden wollte. Wenn es nur um das Inwohnerrecht ging, war die Hälfte zu zahlen. In der Stadtordnung von 1649 ist davon nicht mehr die Rede. Der Hauptunterschied zwischen der Vergabe des Bürger- und des Inwohnerrechtes war der, dass der Bürger ein Haus besitzen musste, während der Inwohner das nicht musste. Für die Inwohner genügten die eheliche Geburt, die persönliche Freiheit, die Zugehörigkeit zur katholischen Religion und dass er der Stadt „nützlich und tauglich“ und das Inwohnergeld zu zahlen im Stande war. War das der Fall, war die Eintragung ins Bürgerbuch möglich, entweder als Bürger oder als Inwohner.
Wenn jemand sein Bürger- oder Inwohnerrecht aufsagte, aber seine Wohnung in der Stadt behalten wollte, durfte derjenige in der Stadt „keine Hantierung treiben“, musste aber dennoch der städtischen Obrigkeit in allen Dingen gehorsam sein. Wer aber die Stadt zu verlassen beabsichtigte, der konnte das mit Wissen der Behörden tun, denen er seinen Abschied aus der Stadt aber zu vermelden hatte. Wer die Stadt verließ und sich an einem anderen Ort niederließ und fünf Jahre lang nicht mehr nach Bruneck zurückkehrte und dort Wohnung nahm, dessen Bürger- oder Inwohnerrecht verfiel. Innerhalb der fünf Jahre bestand aber das Recht auf Rückkehr.
Aus der Steuerordnung
Die Stadt Bruneck hatte dem Fürstbischof von Brixen als regierendem Fürsten jährlich 74 Gulden 30 Kreuzer als Küchensteuer zu zahlen, und zwar die eine Hälfte zu Georgi (23. April) und die andere Hälfte zu Michaeli (29. September). Für die einzelnen Häuser wurden 12 Kreuzer an Steuer berechnet, was pro Person an Steuer zu zahlen war, wurde aufgrund des vorhandenen Zahlenmaterials errechnet. Was die Stadt- und Gewaltsteuer anging, ging man davon aus, dass die Stadt Bruneck so viel an Gewaltsteuer (= für Militärausgaben) zu zahlen hatte, wie 16 Kriegsknechte kosteten. Das waren zu einem Termin 288 Gulden und somit für zwei Termine 576 Gulden. Für die Berechnung wurden die liegenden Güter (Häuser, Äcker, Wiesen) sowie Zinse und Gülten herangezogen, wie sie die Steuerbücher damals angaben. Das Eintreiben der Steuern war lange Sache des Bürgermeisters gewesen. Weil das aber ein zu großer Aufwand war, wurden die Viertelmeister damit beauftragt. Wenn der dritte Versuch, die Steuer einzutreiben, vergeblich blieb, war das dem Bürgermeister anzuzeigen, der seinerseits dann den Stadtrichter einschaltete, der die zu zahlende Steuer innerhalb von drei Tagen samt Spesen kassieren durfte bzw. musste. Als absolut letzter Termin für die Zahlung der Steuern galt der Thomasabend vor Weihnachten. Eine diesbezüglich sehr drastische Maßnahme stammt aus der Brunecker Frühzeit. Damals ließ der Stadtrichter dem Steuerschuldner die Haustür ausheben. Sie durfte erst mit des Richters Erlaubnis und nach Bezahlung von zehn Gulden Strafe wieder eingehoben werden. Der Hauseigentümer war dafür verantwortlich, dass seine Mieter, die „Ingehäusen“, die Steuern pünktlich bezahlten. Taten sie das nicht, musste der Hauseigentümer zahlen, aber die Ingehäusen wurden dann „von der Statt weckgesprochen“. (RT)
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