Beim heutigen Festakt (23. November) unterstrich der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella die Vorbildfunktion der Südtirol-Autonomie: Sie sei international beispielgebend.
Nach Landeshauptmann Arno Kompatscher und vor dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen trat der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella heute (23. November) als zweiter ans Rednerpult, um zweier historischer Jubiläen zu gedenken: 2019 jährt sich zum 100. Mal die Verabschiedung des Vertrags von St. Germain und zum 50. Mal die Verabschiedung des sogenannten Südtirol-Pakets, das mit seinen 137 Maßnahmen zur Grundlage des zweiten Autonomiestatuts wurde.
„Die Südtirol-Autonomie hat weltweit Vorbildfunktion. Sie sichert nicht nur das friedliche Zusammenleben, sondern auch die Entwicklung dieses außergewöhnlichen Landes, indem sie Wohlstand bis in die entlegensten Orte bringt“, betonte der Staatspräsident im Zuge seiner Ansprache. Der Zug der Südtirol-Autonomie nehme nicht nur weiter Fahrt auf, sondern habe bereits eine lange Strecke gut zurückgelegt, unterstrich Mattarella. Dieser Geist sei auch die Grundlage für das heutige gemeinsame Gedenken.
Steinige Umsetzung der Autonomie
Der Gedenktag biete Gelegenheit, um auf wichtige historische Eckpunkte für Südtirol und für die Beziehungen zwischen Italien und Österreich zurückzublicken, betonte Mattarella. „Erstmals umfasste vor 100 Jahren das italienische Königreich auch Gebiete mit nichtitalienischer Bevölkerung. Die damals gegebenen Versprechen zum Schutz der deutschen Sprache und Kultur stießen in der Umsetzung auf wachsende Hindernisse und blieben großteils unerfüllt“, erinnerte Mattarella.
Der Staatspräsident spannte den historischen Bogen von der schwierigen Zwischenkriegszeit über das Aufkommen des faschistischen Regimes und die damit verbundenen „untolerierbaren Angriffe auf die individuellen und kollektiven Minderheitenrechte“ bis hin zu der von zwei Diktaturen auferlegten Option, bei der die Bevölkerung vor die Wahl gestellt wurde, entweder Deutsche im Reich oder Italiener in Italien zu werden. Mattarella erinnerte an das Gruber-Degasperi-Abkommen, das nach dem Schrecken des Zweiten Weltkriegs Ausdruck eines neuen Italiens war. Er bezeichnete die Umsetzung der Autonomie als einen „komplexen, steinigen Weg, der dunkle Zeiten durchquert hat“, dabei denke er an die Zeit der Anschläge. „Überwogen hätten jedoch“, so Mattarella weiter, „die Zeiten intensiver Zusammenarbeit.“ Als Schlüsselereignis nannte der italienische Staatspräsident die vierte außerordentliche Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei am 22. November vor fünfzig Jahren, mit der dabei schwer errungenen Entscheidung für das Südtirol-Paket.
Vielfalt ist Reichtum Europas
In diesem Sinne zeigte sich Staatspräsident Mattarella überzeugt, dass nur der Weg der Zusammenarbeit erfolgreich und friedenstiftend sein könne. Die guten Beziehungen zwischen Italien und Österreich und auch seine persönlichen zum derzeitigen österreichischen Bundespräsidenten seien eine wichtige Voraussetzung, um in diese Richtung weiterzugehen. Die Zusammenarbeit stehe auch im Einklang mit dem Projekt Europa, das beide Länder mit Überzeugung mittragen.
„In unserer großen europäischen Gemeinschaft stellt jedes Volk eine Minderheit dar, die zum großen Ganzen beiträgt, Vielfalt zu vereinen. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich Identitäten, Traditionen und Lebensweisen etabliert, die es zu respektieren und schützen gilt. Ihre Vielfalt ist der große Reichtum Europas“, unterstrich der Staatspräsident. Er zeigte sich fest davon überzeugt, dass Südtirol dazu beigetragen habe und dazu beitragen werde. „Dieses Land, die Südtiroler deutscher, italienischer und ladinischer Muttersprache, repräsentieren das, was sich Landeshauptmann Kompatscher gewünscht hat: ein kleines Europa im Herzen Europas“, mit diesen Worten beendete Staatspräsident Mattarella seine Ansprache in Anwesenheit der 150 geladenen Gäste im Rittersaal auf Schloss Tirol. (LPA/mpi)
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