Pustertal – Eine Woche nach den Unwettern kam die Entwarnung aus dem Landeswarnzentrum: keine weiteren Niederschläge mehr in Sicht. Die Bewertungskommission stufte von Bravo auf Alfa zurück und in den darauffolgenden Tagen herrschte erneut Normalzustand (Zero). Im Pustertal wurde aufgeräumt und über die entstandenen Schäden Bilanz gezogen.
Die nacheinander vorbeiziehenden Sturmtiefs haben in ganz Südtirol Chaos verursacht.
Die ergiebigen Schneefälle haben landesweit zu zahlreichen Einsätzen geführt: Laut Landesverband der Freiwilligen Feuerwehren Südti
rols wurden zwischen dem 12. und 19. November rund 3.000 Einsätze gezählt mit über 4.000 Feuerwehrleuten. Auch der Straßendienst war 38.220 Stunden im Einsatz. Am 19. November waren an die 30 Straßen aus Sicherheitsgründen noch gesperrt.
Im Pustertal war die Lage besonders angespannt: Ergiebige Schneefälle hinterließen erhebliche Wald- und Straßenschäden. Ein flächendeckender Stromausfall sorgte für Ausfälle in Millionenhöhe, Erdrutsche und Muren gingen auf Straßen und die Bahngleise ab und sorgten für Verkehrsbehinderungen und den Ausfall der Pustertalbahn bis auf unbestimmte Zeit.
Die Bürgermeister Roland Griessmair und Martin Ausserdorfer über die Spuren und Auswirkungen, die das Unwetter im Pustertal hinterlassen hat.
Stromversorgung überdenken
Die Diskussion rund um die Stromversorgung im Pustertal müsse nach diesem großflächigen Stromausfall mit Sicherheit geführt werden, betonte Griessmair. „Die Versorgungssicherheit im Pustertal muss sicher erhöht werden und Notfallsituationen vorsehen. Laut dem Bürgermeister braucht es eine redundante Stromversorgung für das Tal. „Momentan sind wir ausschließlich über Freileitungen versorgt, die gewisse Risiken bergen. Alles auf Erdleitungen zu verlegen, birgt aber auch Risiken wie zum Beispiel Muren oder Hochwasser“, erklärte Griessmair.
Das Pustertal hätte in Summe Energiewerke, die alle zusammen das Tal an Strom beliefern könnten. Das sei aber technisch nicht möglich, weil jedes Werk als Einzelwerk konzipiert sei und alleine nicht imstande sei das gesamte Territorium zu bedienen. Wenn alle Werke gemeinsam geschaltet würden, wäre die Versorgung ausreichend. Dann würde es allerdings eine übergeordnete Technik benötigen, die die einzelnen Werke im Bedarfsfall synchron schaltet. „Wir können im Extremfall also nicht auf unsere eigenen Strom zurückgreifen und hier soll für den Notfall eine Lösung gefunden werden“, erklärte der Brunecker Bürgermeister. Der Landeshauptmann habe sich laut Griessmair vor Ort die Lage angeschaut und zugesagt, dass es Gespräche mit der Energiegesellschaft Terna geben werde, was die Versorgungssicherheit und die redundanten Leitungen betrifft.
Beim Stromausfall in Bruneck sei in Zusammenarbeit mit der Edyna eine Insellösung über den Lappacher Stausee aufgebaut worden. „Der Lappacher Stausee ist aber zu klein, um größere Gebiete zu versorgen, deshalb war kein stabiles Netz vorhanden“, berichtete Grießmair.
Vom Stromaufall war auch die Gemeinde St. Lorenzen betroffen, am 21. November sei die komplette Stromversorgung aber wieder hergestellt worden, bestätigte Bürgermeister Martin Ausserdorfer. „Im Weiler Ellen werden die Aggregate allerdings noch drei Wochen laufen, weil wir dort dabei sind eine unterirdische Stromleitung zu verlegen“, berichtete der Bürgermeister. Ziel der Gemeinde sei es, die Stromleitungen in Zukunft unterirdisch zu verlegen und daran werde auch Schritt für Schritt weitergearbeitet, so Ausserdorfer.
Hausverstand ist gefragt
Was diese Tage bei Roland Griessmair ebenfalls hinterlassen haben ist die Erkenntnis, dass sich die Gesellschaft insgesamt auf solche Ereignisse vorbereiten muss. „Wir haben aus der Situation gelernt und ich hoffe, die Bevölkerung auch“, sagte Griessmair, der den Menschen in Zukunft rät: „Kerzen und eine Taschenlampe gehören in jeden Haushalt, weil man weiß nie, was passiert. Weiters ein Radio das mit Batterie funktioniert: So können Informationen des Zivilschutzes und Nachrichten gehört werden. Genauso wichtig ist es, einige Lebensmittel vorrätig zu haben“, fasste Griessmair zusammen. Froh sei der Bürgermeister für die Erneuerungen der Sirenen- und Durchsageanlagen in den letzten Jahren in Bruneck. „Diese haben sich als wichtiges Medium in der Kommunikation mit der Bevölkerung bewiesen.“ Dazu mache es laut dem Bürgermeister Sinn, bei den Handyumsetzern auch auf eine Notstromlösung zu denken. Was dem Bürgermeister auch noch ein Anliegen ist, sei, sich in einer Notsituation auch zu überlegen, woher die Menschen ihre Nachrichten beziehen. „Diese fake news, die während der Unwettertage im Umlauf waren, haben die Bevölkerung zum Teil auch in Panik versetzt.“ Deshalb rät der Bürgermeister in Bruneck auf die Durchsagen der Gemeinde und der Feuerwehr zu hören, ansonsten die offiziellen Kommunikationskanäle wie Zivilschutz und Medien zu nutzen. „Auch ich habe mir erlaubt über Facebook Informationen zu geben, aber ich denke es macht einen Unterschied, von wem eine Nachricht in den sozialen Netzwerken stammt. Hier soll auch jeder überlegen eine verlässliche Quelle zu wählen“, sagte Griessmair.
Bürgermeister Martin Ausserdorfer plädiert in so einer Ausnahmesituation auf den Hausverstand. „In Notsituationen soll ein kühler Kopf bewahrt werden, erst überlegen und dann handeln“, sagte Ausserdorfer. Die Menschen am Berg hatten laut dem Bürgermeister zwar die größeren Probleme gehabt, waren aber viel ruhiger, weil sie mit einem Holzherd, einem Aggregat einer Lampe ausgestattet waren und auch Lebensmittel vorrätig hatten. „Das Wichtigste ist, nicht in Panik zu verfallen. Nicht jeder muss jetzt ein Aggregat kaufen, das wäre für mich übertrieben, aber eine Taschenlampe sollte jeder Haushalt haben.“
Ein Wunder: Keine Verletzten
Der viele Schnee hat laut Griessmair im Gemeindegebiet von Bruneck vor allem in den Wäldern und entlang der Straßen Schäden hinterlassen, wo zahlreiche umgestürzte Bäume und Äste gefällt und von den Straßen entfernt werden mussten. In St. Georgen und in Reischach gingen Muren ab. Durch Produktionsausfälle und Ausfälle von Miterbeitern, sowie Lebensmitteln, die entsorgt werden mussten, seien in Summe Schäden in Millionenhöhe entstanden, sagte Griessmair.
Was im Gebiet von St. Lorenzen neben dem Stromausfall zum Tragen kam, waren Rutschungen und Murenabgänge, die mehrmals zu Sperrungen der Gadertaler Straße und der Pustertaler Staatsstraße, so etwa beim Kniepass geführt haben. „Dort ist die Straße teilweise weggebrochen und wurde mit Mauern stabilisiert und wieder geöffnet. Die Böden sind noch nicht gefroren und die ergiebigen Niederschläge weichen das Erdreich auf. Bauern haben mir berichtet, dass sie so eine Situation in den letzten 50 Jahren noch nicht erlebt hätten“, berichtete Martin Ausserdorfer. Im ganzen Gemeindegebiet von St. Lorenzen sind laut Ausserdorfer über 1.000 Bäume von den Straßen geholt worden. „Das sind die größten Schäden. Es gab keine nennenswerten Schäden an Gebäuden und es ist ein Wunder, dass niemand verletzt wurde, bei den vielen Menschen, die im Einsatz waren. Dafür können wir uns alle bedanken“, fügte Ausserdorfer hinzu.
Jeder hat geholfen
„Für mich haben diese Tage vor allem Spuren der Dankbarkeit den Ordnungs- und Rettungskräften, Feuerwehren usw. hinterlassen. In so einer Situation habe man gesehen, wie wertvoll ein großes Heer an ehrenamtlichen Helfern ist, sagte Bürgermeister Roland Griessmair, der allen seinen Dank ausspricht.
Dankbar, dass niemand zu Schaden kam, für die gute Zusammenarbeit der Einsatzleitung und die gute Koordinierung ist auch Martin Ausserdorfer, der zudem seinen tiefen Respekt vor den Männern der Freiwilligen Feuerwehren, der Forstbehörde und des Straßendienstes ausdrückt: „Wirklich jeder hat mitgeholfen. Wir sind zusammengewachsen. Danke“, sagte der Bürgermeister.
Nachbesprechung in Bruneck
Der Brunecker Bürgermeister ist froh, dass die Situation, für die man in dieser Weise nicht vorbereitet war, insgesamt noch gut verlaufen ist. „Die Kommunikation wird aber verbessert werden müssen. Es wird sicher eine Nachbesprechung mit Feuerwehr, Weißes Kreuz und Ordnungskräften usw. geben“, sagte Roland Griessmair. Was sich laut dem Bürgermeister in diesen Unwettertagen auch gezeigt hat ist, dass die Sozialdienste auch in so eine Besprechung involviert werden müssten, denn „wenn die Kommunikation ausfällt und Menschen alleine im Dunkeln Zuhause sind, könnten diese auch mit so einer Situation überfordert sein“, gibt der Bürgermeister zu bedenken. (TL)
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