Teil 2 – Meinhard II., die Herrschaft der Habsburger, Tiroler Münzen als Weltwährung und die Tiroler Freiheiten, welche wir unter Habsburg genossen – darüber berichten wir heute in unserer Reihe Tirol im Mittelalter.
Meinhard II. gab seinem Lande ein für die damalige Zeit sehr modernes Verwaltungssystem und machte Tirol zu einem reichen Lande. Seine Geldquellen waren folgende: Einkünfte aus der Grundherrschaft,Steuern und Zölle, Einkünfte aus der Münzprägestätte in Meran, die Pfandleihanstalten, die Bergwerke, vor allem das Salzbergwerk zu Hall.
Meinhard II. gilt auch als der Schöpfer des Landes Tirol. Seine Söhne entsprachen nicht den hohen Ansprüchen, denen ihr Vater gerecht geworden war. Heinrich (+ 1335), der am längsten regierte, war ein politischer Abenteurer (König von Böhmen) und Verschwender und ruinierte die Finanzen des Landes in kürzester Zeit. Seine Tochter Margarethe, genannt Maultasch, vermochte sich gegen die zahlreichen Interessen, die auf sie einwirkten, nicht durchzusetzen. Sie trat Tirol im Jahre 1363 an Österreich ab und starb 1369 in Wien.
Die Herrschaft der Habsburger – Tirol bei Österreich
Nach 1363 wurde Tirol als ein Teil des Habsburger Reiches behandelt, das zunächst von den Herzögen Albrecht III. und Ludwig III. gemeinsam regiert wurde. 1379 kam es zur Teilung, wobei Leopold III. die Steiermark, Kärnten, Krain, Tirol und die Vorlande erhielt. Zu den wichtigsten frühen Habsburger Herrschern über Tirol gehörten Herzog Friedrich IV. (1406-1439), der jüngste Sohn Leopolds III., und Sigmund (1446-1490), dessen einziger Sohn.
Friedrich IV. hatte zunächst den Adel des Landes zum Gegner, den er mit Mühe niederhalten konnte. Auf dem Konzil von Konstanz, das 1415 stattfand, verhielt er sich ziemlich ungeschickt, sodass der damalige deutsche König Sigmund (aus dem Hause Luxemburg) über ihn die Reichsacht aussprach und das Konzil den Kirchenbann verhängte. Friedrich konnte aus der Gefangenschaft des Königs entkommen und floh nach Tirol. Damals entstand der Übername Friedl mit der leeren Tasche. In Tirol standen die Bürger und die Bauern hinter ihm und retteten ihm den Thron. Es kam zur Versöhnung mit König Sigmund, allerdings ließ der sich diese bezahlen. Den Bürgern und Bauern musste Friedrich ihre Hilfe bei der Rettung des Thrones vergelten, indem er ihre Freiheitsrechte vergrößerte.
Herzog Sigmund, zubenannt der Münzreiche
Er gilt als Verschwender und wollte Tirol sogar an Bayern verpfänden. Daraufhin wurde er abgesetzt und die Grafschaft Tirol an König (ab 1508 Kaiser) Maximilian übertragen. Der Reichtum, über den er verfügte, kam vor allem aus den Bergwerken. Tirol war von ca. 1450-1550 das ertragreichste Bergbaugebiet Europas. Das größte Bergwerk war jenes von Schwaz, dort wurde vor allem Silber gewonnen, das dann in der Münzstätte zu Hall (ab 1477) zu Münzen geschlagen wurde.
Tiroler Geld bekommt Weltgeltung
Das meiste in den Bergwerken gewonnene Silber durfte von den Bergbauunternehmern nicht frei verkauft werden. Es musste zu einem vom Landesfürsten festgesetzten Preis der Münze in Meran – dort war sie bis 1477 und danach in Hall in Tirol – abgetreten werden, wo das Silber vermünzt wurde. Natürlich war Münzen prägen ein Geschäft. Zunächst kaufte der Landesfürst ja das Münzmetall, das Silber, billiger ein, als es im Handel zu haben war. Dann hatte er die Möglichkeit zu sparen, indem er Münzen prägte, die nicht ihrem Nominalwert entsprachen. Ein Beispiel: ein Kreuzer wurde im Jahre 1451 in Meran mit 1,1 Gramm Raugewicht geprägt, das Feingewicht, das ist das Gewicht des reinen Silbers im Kreuzer, betrug aber nur 0,83 Gramm, der Feingehalt betrug 750/1000. Das war sozusagen der legale Kreuzer. Es war nun möglich, in den folgenden Jahren den Kreuzer beim gleichen Raugewicht so zu prägen, dass sein Feingewicht nur mehr 0,81 oder 0,79 betrug. Daran nahm noch kaum jemand Anstoß und bei einigen Millionen Stück machte das schon etwas aus, was in der Kasse des Landesfürsten verblieb. Dieser hätte es sich aber nicht leisten können, den Silberwert zu halbieren, dann wäre das Geld zu Inflationsgeld geworden und darunter hätte die gesamte Wirtschaft zu leiden gehabt und natürlich auch die Staatskasse bzw. damals das fürstliche Portmonee. Wir müssen nämlich auch berücksichtigen, dass etwa Sigmund der Münzreiche noch keinen Unterschied machte zwischen seinen privaten Einnahmen und Ausgaben und den staatlichen, denn da war noch alles eins.
Tiroler Geld, z. B. der Meraner Zwanziger oder der kaum weniger bekannte Adlergroschen, hatte ja seit den Zeiten Meinhards II. – 2. Hälfte des 13. Jh. – einen guten Ruf und zirkulierte auch in ganz Norditalien, was damals schon etwas hieß, als die italienischen Fiorini, die Florentiner Goldgulden, den europäischen Markt beherrschten. Nun in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts, als Sigmund der Münzreiche bei uns hier das Sagen hatte, entstand ein Problem. Das wirklich verlässliche Geld bestand aus Gold. Gold musste man entweder haben oder kaufen oder eintauschen. Tirol hatte praktisch kein Gold, aber sehr viel Silber. Und nun verfielen die Berater Sigmunds auf die Idee, aus Silber eine so große Münze zu prägen, dass sie der Goldmünze an Wert gleichkam. Wertverhältnis damals 1:11, höchstens 1:12, heute 1:75. Diese Münze war der Silberguldiner, der dann zum Taler und damit zur europäischen Leitwährung bis weit ins 18. Jh. hinein wurde. Sogar der Dollar ist ein Kind des Talers. So war der Taler eigentlich eine Tiroler Idee und damit sicher die folgenreichste, die auf dem Gebiet der Wirtschaft je von Tirol ausgegangen ist.
Zu den Tiroler Freiheiten
Im Mittelalter waren die meisten Menschen unfrei. Sie unterstanden einem oder mehreren Herren und mussten denen nicht nur Abgaben in Geld und/oder Naturalien geben, sondern auch Frondienste (= Gratisarbeiten) leisten. In manchen europäischen Ländern wurde die Unfreiheit vor allem der Bauern im Laufe der Zeit immer drückender, in anderen verringerten sich diese Lasten. Tirol gehörte zu letzteren Ländern. Als Ursache dafür kann man einmal die Politik Meinhards II. sehen, der den Bauern Erleichterungen einräumte, die zu Lasten des Adels und der Kirche gingen. Zum anderen vergaß es dann auch der Landesfürst Friedrich IV. den Bauern nicht, dass sie ihn gegen den Adel unterstützt und seinen Thron gerettet hatten, als ihn der König Sigmund um Land und Herrschaft bringen wollte. Daher gewährte er den Bauern besondere Rechte, die ihre Position stärkten. Es war nicht selbstverständlich, dass schon im 15. Jh. auch die Vertreter der Bürger und der Bauern an den Landtagen teilnahmen und nicht nur Adelige und Geistliche. Allerdings waren die Adeligen und Geistlichen immer in der Mehrheit, sodass sie über die Vorschläge an den Landesfürsten entschieden.
Ein Beispiel: Ende des 15. Jh. gehörten dem Landtag an: vier Vertreter der Bischöfe und der Domkapitel, 13 Prälaten, 123 Adelige, je ein Vertreter von acht Städten und Märkten und je ein Vertreter von 59 Gerichten. Diese Versammlung der Ständevertreter nannte man offene Landtage. Sie tagten selten, öfter tagte der Ausschuss, dem je elf Vertreter pro Stand angehörten. Hier waren die Stände gleichberechtigt. Trotzdem waren die Landstände, wie man die Vertreter der vier Stände nannte, kein Parlament im heutigen Sinne. Sie hatten nur die Forderungen und Vorschläge zu beraten, die ihnen der Landesfürst vorlegte. Sie hatten keine gesetzgebende Gewalt. Trotzdem vermochten die Vertreter der Bürger und Bauern in den Landtagen einiges für ihre Kategorien zu erreichen, weil sie das Recht hatten, Beschwerden vorzubringen. Es gab aber in den Landständen nicht nur ein deutliches Übergewicht von Adel und Klerus, auch die bäuerliche Bevölkerung war unterschiedlich vertreten. Kleinhäusler und Dienstboten waren nicht landständisch (d.h., sie konnten nicht in den Landtag entsandt werden).
Tirols militärische Besonderheit
Tirol genoss seit langem schon das Privileg, dass seine Männer nur in den Krieg ziehen mussten, wenn das Land angegriffen wurde. Sie mussten keinen Kriegsdienst leisten, wenn Österreich irgendeinen Krieg führte, der Tirol nicht bedrohte. Es war festgesetzt, wie viele wehrfähige Männer jede Stadt und jedes Gericht zu stellen hatte. Je nach Größe der Gefahr umfasste dieses Aufgebot zwischen 5000 und 20.000 Mann. Wenn dieses Aufgebot nicht ausreichte, waren alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren wehrpflichtig. Die waffenfähigen Tiroler übten ihre kriegerischen Fähigkeiten auf den im Lande überall bestehenden Schießständen. Ihnen war das Waffentragen auch in Friedenszeiten erlaubt. Als das französische Heer im Jahre 1796 erstmals Tirol bedrohte, indem es sich von der Lombardei aus auf den Weg nach Süddeutschland machte, wurde der Durchmarsch von den Tirolern schon bei Salurn gestoppt. Damals Bund mit dem Herzen Jesu! Im Jahr darauf verlief ein weiterer Versuch der Franzosen ähnlich, sie wurden durch das Pustertal abgedrängt. (RT)
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