In einer Welt von Monstern und Fantasie

Etwas über die frühere Ahrntaler Schule
23. April 2020
Petra Werth Hasler aus Reischach
23. April 2020
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In einer Welt von Monstern und Fantasie

Bruneck – Sie ist jung, sieht gut aus und es hat es so richtig drauf! Caroline Forer verdient ihre Brötchen mit den „Streamen“ und Moderieren von Videospielen und ist somit Südtirols bekannteste Profi-Gamerin. Wie sie auf die Sportart gestoßen ist und wie sie es soweit geschafft hat, erzählt sie im Interview mit dem Puschtra.

Vor allem das bekannte Spiel „World of Warcraft“ hat es der 28-jährigen Ahrtalerin angetan, unter dem Pseudonym „Naguura“ spielt und kommentiert sie nahezu täglich bis zu acht Stunden auf der Streaming-Plattform „Twitch“. Dabei nimmt sie ihre fast 200.000 Follower mit ins Reich von Druiden und Elfen, gibt in einem ausgezeichneten Englisch Einblicke in die Spielwelt oder bringt mit ihrer sympathischen Art Stimmung in die Arenen bei Live-Events.

Puschtra: Caroline, du bist Profi in einer doch ungewöhnlichen Sportart für südtiroler Verhältnisse. Wie hat alles angefangen und wie bist du dazu gekommen?
„Videospiele haben mich schon immer interessiert. Anfangs habe ich nur bei meinem großen Bruder zugeschaut, weil ich noch keinen eigenen Computer hatte. Als ich dann meinen Eigenen bekam, habe ich auch mal lang in die Nacht hinein gezockt, was meinen Eltern natürlich nicht gefallen hat (lacht). In meinem Freundeskreis zockten damals nur die Jungs, wenn ich nur über das Spiel geredet habe, ging das meinen Freundinnen ziemlich auf die Nerven. Nach der Schule fing in an in Graz zu studieren und hatte nicht mehr so viel Zeit fürs Spielen, bin aber richtig gut darin geworden. Um mir das Studium zu finanzieren habe ich zuerst gekellnert. Als ich mitbekommen habe, dass andere das Spiel „streamen“ und sich dabei gutes Geld verdienen lässt, habe ich das auch probieren wollen. Zu Beginn habe ich das nur für einige Freunde gemacht, die schauen wollten wie ich im Spiel agiere. Nach und nach haben mir immer mehr Leute zugeschaut und ich wurde immer erfolgreicher.

Kannst du den Moment beschreiben, als du beschlossen hast dein Studium endgültig hinzuschmeißen und alles auf die Karte „gaming“ zu setzten?
Eigentlich wollte ich es nicht direkt hinschmeißen, nur mal ein Semester aussetzten und schauen wie es läuft. Sollte es nicht klappen, könne ich ja immer noch weiterstudieren, das habe ich immer im Hinterkopf gehabt. Dennoch war es eine gewagte Entscheidung, die meine Eltern erst einmal verdauen mussten. Da es aber gut lief und das Spiel meine große Leidenschaft war, beschloss ich meinen Traum zu verwirklichen und aus meinem Hobby einen Beruf zu machen. Langsam, langsam lief es immer besser, bis ich mir gar einen Agenten und einen Manager haben suchen müssen.

Wie sieht ein hunz-normaler Arbeitstag bei dir aus?
Den normalen Arbeitstag gibt es bei mir nicht, es ist immer ein bisschen Abwechslung dabei. Streamen kann ich im Grunde wann ich will. Normalerweise stehe ich recht zeitig in der Früh auf und gehe meistens ins Fitnessstudio. Bevor ich online gehe checke ich zuerst meine E-Mails, dann kann es los gehen. Dazu kommt noch ein Haufen Social-Media-Arbeit auf den verschiedenen Kanälen.

Im Spiel nennst du dich „Naguura“, wie ist dieses Pseudonym entstanden?
Das ist eine witzige Geschichte: Als ich mit 14 mit dem Spiel begonnen habe, war mein Gamingname „Caro“, sobald ich meinen eigenen Laptop bekommen habe, musste ich Server wechseln, auf dem mein Name schon vergeben war. Auf dem alten Server gab zu der Zeit diesen richtig guten deutschen Spieler, der sich „Naguura“ nannte. Ich wusste nicht recht welchen Namen aussuchen, da hab ich mir gedacht: „Naguura“ klingt schon richtig cool!“, also habe ich einfach seinen Namen übernommen. 13 Jahre später kam ein Spieler auf meinem Server und sagte er hieße auch „Naguura“, dann fand ich heraus dass es genau der war, von dem ich meinen Namen hatte. Später haben wir uns im richtigen Leben sogar auf einer Komicon getroffen und ein Foto zusammen gemacht!

Du bist nicht nur „Streamerin“, sondern kommentiertest, bzw. moderierst auch Live-Events, wie kam es dazu?
Das war ganz unerwartet! Bei der Gamescom 2017 in Köln (größte Spielmesse in Europa, mit einigen Hundertausend Besuchern jährlich), hat mich der Spielentwickler-Gigant „Blizzard“ kurzfristig gefragt, ob ich für sie dorthin kommen und auf ihrer Bühne etwas kommentieren könnte. Diese Anfrage kam für mich wie aus dem Nichts! Das Unternehmen kannte mich wohl nur von meiner Streaming-Aktivität. Ich dachte aber gar nicht lang darüber nach und sagte: „Ja warum nicht!“. Beim allerersten Turnier was ich kommentieren durfte habe ich auch selbst mitgespielt und bin unter die ersten Acht gekommen, so hat das Ganze angefangen.

Wie fühlt es sich an vor einem großen Publikum zu kommentieren.
Es ist schon ein ganz spezielles Gefühl, in einer Arena sitzend von Publikum umgeben zu sein, ein ähnlicher Job, aber dennoch ganz anders. Wenn ich zuhause vor dem Bildschirm hocke, bin ich in meinem eigenen Reich und mache mein eigenes Ding, was eine gewisse Sicherheit mit sich bringt. Bei Live-Events ist alles größer und professioneller, es gibt einen Produzenten, einen Regisseur, es sind überall Kameras, da bin ich schon etwas unter Druck und kann ich mir keinen Fehlerchen erlauben. Bei den ersten Malen war ich ziemlich nervös, aber sobald das Spiel angefangen hat, fiel die ganze Last von mir ab und es hat dann richtig Spaß gemacht!

Wie bist du anfangs in einer männerdominierten Welt zurechtgekommen, gab es Hindernisse?
Klar! Zu Beginn war es schwierig den Leuten zu zeigen, dass auch eine Frau richtig gut in den Spiel sein kann. Das sahen vor allem die Männer überhaupt nicht ein, ich musste es ihnen nach und nach erst beweisen, dass ich mindestens genauso gut bin wie sie. Es gab immer wieder abwertende Kommentare, oftmals wurde ich nur auf mein Aussehen reduziert und kam schon mal ins Grübeln, ob ich wirklich nicht gut genug bin. Mittlerweile bin ich aber schon so etabliert, dass sich diese Kommentare gelegt haben. Nur wenn ich live kommentiere bekomme ich ab und zu blöde Sprüche von Einigen zu hören, die mich noch nicht kennen und es wahrscheinlich nicht gewohnt sind von einer Frau die Expertisen geliefert zu bekommen (lacht).

Gefällt dir auch das Reisen, was der Job mit sich bringt?
Das Reisen an und für sich finde ich super, die verschiedenen Lebensweisen und Amplituden kennenzulernen; die Events können auf der ganzen Welt verteilt stattfinden! Der einzige Haken dabei ist, das sich solche Turniere oft über mehrere Wochen ziehen und zweimal im Jahr stattfinden – so lange von daheim weg zu sein kann schon anstrengend werden. Also war ich andere Jahre insgesamt für zwölf Wochen in Amerika, um zu kommentieren. Letztes Jahr bin ich dafür unter anderem nach Australien geflogen, das war eines meiner Highlights.

Dein Berufsfeld hat die Corona-Krise wenig getroffen, oder? Merkst du einen Unterschied zu vorher, bzw. hat das Gaming sogar zugenommen?
Auf jeden Fall! Es sind eindeutig mehr Leute die mir zuschauen. Das lässt sich leicht erklären: Da viele gar nicht arbeiten dürfen, bzw. in die Schule oder arbeiten im Home-Office und haben daher mehr Zeit für das Spiel. Sagen wir, wenn mir normalerweisen rund 700 Leute zuschauen, obwohl ich eigentlich viel mehr Follower aus aller Welt habe, sind es derzeit um einige mehr, weil alle den ganzen Tag über verteilt mehr Freizeit zuhause haben. Sozusagen hat sich die Situation für mich positiv ausgewirkt. Da ich ja nicht mehr ins Fitnessstudio gehen kann, mache ich nun meine Workouts von zuhause aus und streame diese auch, damit habe ich in der schwierigen Zeit den Fitness-Bereich des Streamings für mich entdeckt, was bei meinen Followern gut ankommt.

Mit der Ausnahme das große Live-Events jetzt abgesagt werden mussten. Was wären deine nächsten Höhepunkte gewesen?
Genau jetzt in diesen Wochen wäre ich eigentlich in den USA gewesen. Das Turnier ist natürlich abgesagt worden, findet aber trotzdem, sozusagen von Zuhause aus statt. Für mich ist das sogar ganz fein, ich kann dennoch kommentieren und das gemütlich aus meinem Studio.

Viel Dank für das ausführliche und interessante Gespräch! (MT)