Sexten – Die erste Kirche, von der in Sexten berichtet wird, war dem heiligen Nikolaus geweiht. Sie wurde im Jahre 1290 im Testament des Innichner Chorherrn Marquard von Habersberg genannt, der nicht nur ein ziemlich begüterter geistlicher Herr war, sondern auch ein sehr wohltätiger, was unter anderem auch der Sextner Nikolauskirche zugute kam. In einem Kaufbrief aus dem Jahre 1429 ist diese Nikolauskirche noch einmal erwähnt, mehr Informationen darüber gewinnen wir nicht, weder was den Standort betrifft noch ihr weiteres Schicksal.
Die seelsorgliche Entwicklung Sextens
Die Betreuung der Sextner von Innichen aus stieß um die Mitte des 17. Jahrhunderts an ihre Grenzen. Im Jahre 1651 wurde vom Chorherrnstift der erste für Sexten zuständige Kurat eingesetzt, der ab 1665 seine geistlichen Pflichten – versehen mit dem Segen des Bischofs – ausüben konnte. Dazu gehörten vor allem Messfeiern an Sonn- und Feiertagen und an zwei Wochentagen. Mit der Genehmigung einer Kooperatorenstelle im Jahre 1716 und durch die von 1762 bis 1855 bestehende Hilfspriesterstiftung kam es zum bemerkenswerten Ausbau der Seelsorge in Sexten, der 1864 in der Erhebung Sextens zur Pfarrei gipfelte. Dem entsprach auch der Kirchenbau. Irgendwann im 14. Jahrhundert brannte die St.-Nikolaus-Kirche ab. Daraufhin wurde ein neues Gotteshaus erbaut, das im Jahre 1384 dem heiligen Vitus (Veit) geweiht wurde, dem Bistumspatron von Freising, zu dem das Chorherrnstift Innichen gehörte. Die St.-Veits-Kirche wurde dann in den Jahren 1607 und 1761 vergrößert. Zu Beginn des 19. Jahrhundert war die Kirche in Anbetracht der auf 1320 Seelen angewachsenen Bevölkerung endgültig zu klein. Man bereitete den Bau einer neuen Kirche sehr exakt vor, unter anderem inszenierte man eine fast modern anmutende Volksbefragung, die ein klares Ergebnis für einen Neubau ergab und 5.000 Gulden an Spenden versprach. Damit war der Kirchenbau noch nicht endgültig beschlossen, aber es waren nur noch Formalitäten, die ihn hinaus zögerten.
Der Bau der neuen Petrus-und-Paulus-Kirche
Der Plan für die neue Kirche wurde von dem aus Tristach bei Lienz stammenden Mauermeister Alois Mutschlechner entworfen, der dann zusammen mit dem Sextner Hutermeister Anton Kiniger auch die Leitung des Kirchenbaues übernahm. Das Innere der 40 Meter langen, 14 Meter breiten und 19 Meter hohen Kirchenschiffes mit drei Gewölbekuppen verzierte Leopold Puellacher mit Bildern aus dem Leben der Kirchenpatrone Petrus und Paulus. Es ist übrigens nicht bekannt, warum es zum Wechsel der Kirchenpatrone kam. Die drei Altäre schuf der Kunsttischler Josef Stauder vom Häusler im Unterdorf von Sexten. Die Altarbilder der alten Kirche fanden weiterhin Verwendung. Sie wurden erst 1831 durch zwei Bilder des venezianischen Malers Cosroe Dusi und 1861 durch ein Bild von Franz Hellweger ersetzt. Die erste Messe wurde am 3. September 1826 anlässlich der Primiz des Josef Innerkofler (vom Meniger) gelesen. Die Kirchweihe besorgte Erzbischof Emanuel Lodi von Udine am 5. August 1827, der Bischof von Brixen war erkrankt.
Ein Dorf im Weltkrieg
Durch die Kriegserklärung Italiens an Österreich/Ungarn im Jahre 1915 und das sich daraufhin an der Dolomitenfront sich entwickelnde Kriegsgeschehen wurde das Dorf Sexten zum Frontgebiet. Als Ende Juli das Haus des Bürgermeisters von einer Granate getroffen wurde, war klar, dass das Dorf geräumt werden müsse, was dann Anfang August geschah. Die meisten zwangsevakuierten Sextner kamen in den verschiedenen Dörfern des Pustertales unter. Kaum war das Dorf geräumt, wurde es auch schon in Brand geschossen. Ein ungünstig wehender Wind blies das Feuer gegen die Kirche, die erst im letzten Augenblick geräumt und deren Kunstschätze in einem Haus in Innichen in Sicherheit gebracht wurden. Etwa drei Wochen später wurde auch das Dorf Moos in Brand geschossen. Auch dort traf es vor allem die Kirche, die vollständig ausbrannte.
Der Wiederaufbau
Zwei Jahre lang blieb den Sextnern der Zutritt zu ihrem Dorf untersagt. Nur das österreichische Militär hielt die Stellung von Baracken und teilweise von leeren Häusern aus. Im Jahre 1917 durften die ersten Bauern wieder auf ihre Höfe zurückkehren. Für sie wurde, da ja die Kirchen nur mehr Brandruinen waren, in der „Holzer Schluichte“ eine aus Brettern zusammen gezimmerte Notkirche errichtet. Sie wurde im Sommer 1917 eingeweiht. Als dann im Frühjahr 1918 die meisten Menschen wieder nach Sexten zurückkehrten, verlor die Waldkapelle ihre kirchliche Funktion. Damals richtete man die günstig gelegene Spritzenhütte der Feuerwehr als Notkirche ein. Als sie sich als zu klein erwies, stellte man im Feld in der Nähe der Kirche eine dreischiffige hölzerne Baracke auf, die ihre Funktion besser erfüllte.
Beim Wiederaufbau des Dorfes räumte man den Privathäusern den Vorrang ein, was notwendig war, aber nicht von allen verstanden wurde. So verließ Pfarrer Heinrich Schwaighofer im Jahre 1922 Sexten, weil er mit den verschleppten Bauarbeiten an der Kirche nicht einverstanden war. Als Südtirol im Frieden von San Germain Italien angeschlossen worden war, musste sich die Bürokratie dem anpassen. Die Bauleitung übernahmen nun Ing. Walch aus Toblach und Architekt Hora. Als schließlich auch die Kirche wieder aufgebaut wurde, bekamen die Zimmermeister Zelger aus Innichen und Holzer aus Sexten den Auftrag für das Kirchendach und den Glockenstuhl. Im Kircheninneren machten sich der Maler Albert Stolz an Deckengemälden und Kreuzwegstationen zu schaffen, sein Bruder Rudolf gestaltete das Innere der Kirche von Moos. Andere bedeutende Südtiroler Maler schufen die Bilder in den Arkaden des Friedhofs (Albert, Rudolf und Ignaz Stolz, Ignaz Gabloner, Valentin Gallmetzer). (RT)
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