Toblach – Durch die Covid-19 Pandemie stehen alle Skilifte im Land still. Naja, nicht alle; das kleine aber feine Skigebiet in Neutoblach hat sich nach überwundener Krise in den letzten Jahren immer mehr zu einem absoluten Geheimtipp für Athleten und Athletinnen gemausert. Anstatt mit der Übermacht der großen Skigebiete um Touristen zu kämpfen hat sich der “Trenker” Skilift auf Ski Clubs und Profis spezialisiert und konnte dadurch auch im Corona-Winter auf Vollbetrieb laufen.
1974 erschaffen, zählt der Trenker-Lift zu den ältesten noch bestehenden Skiliften in Südtirol. Das Konzept war seither immer schon dasselbe: Eine steile, anspruchsvolle Piste (“Trenker”) für Fortgeschrittene und eine leichte, flache Piste (“Rienz”) für Anfänger. Allerdings ist noch nicht allzu lange her, da mussten sich die Betreiber des Skigebietes Rienz ernsthafte Sorgen um die Existenz des unscheinbaren Toblacher Dorflifts machen. Die Ticketzahlen waren Jahr für Jahr immer mehr auf Talfahrt, die zwei kleinen Lifte für Touristen und Einheimische nicht mehr attraktiv genug: Zu kurz, zu langweilig. Die Aufstiegsanlagen waren in die Jahre gekommen und ein typischer Pistentag auf Skiern in den großen benachbarten Skigebieten der Drei Zinnen einfach interessanter. “Eine Entscheidung musste getroffen werden: Entweder aufgeben und zusperren oder die Arme hochkrempeln und investieren!”, sagt der Präsident des Skicenters Christian Pircher.
Als er 2015 sein Amt übernommen hatte, stand es schlecht um den Skilift. Mit finanzkräftiger Unterstützung des Landes und dem Tatendrang der Gesellschafter wurde das kleine Skigebiet ab 2018 rundum modernisiert und erneuert. Zuerst wurde der veraltete Schlepplift durch einen Neuen ersetzt, die zwei Kassahäuschen erneuert und die Piste etwas verlängert und verbreitert. Dieser Schritt war notwendig um eine FIS-Homologierung für die Disziplin Slalom zu erhalten und damit Rennen austragen zu können. Im folgenden Jahr wurde auch der Dreier-Sessellift und der kurze Schlepplift auf der Piste Rienz abgebaut und durch einen einzigen langen Schlepplift ausgetauscht. “Vor allem der Sessellift stellte eine zunehmende Gefahr für Kinder dar. Er war bei Weitem nicht mehr auf den aktuellen Stand der Technologie, hatte kein Förderband und die Revisionskosten sprengten jeglichen Rahmen!”, weißt Präsident Pircher auf die vergangenen Probleme hin. Es folgte eine Aufstockung auf elf Schneekanonen und ein im Durchmesser 42 Meter großer und acht Meter tiefer Wasserspeicher wurde errichtet, um eine Beschneiung der Piste zu garantieren.
Dabei weißt Pircher darauf hin, dass der Speicherteich über die Sommermonate mit natürlichem Regenwasser aufgefüllt wird und im Winter eine rasche Auffüllung durch eine anliegende Quelle mit kaltem Wasser und ganz ohne Stromverbrauch gewährleistet ist. “Unser Anspruch liegt natürlich darin, eine frühzeitige Öffnung der Skipiste Trenker für die Sportler zu garantieren”, sagt Pircher. Wenn die Temperaturen und die Luftfeuchtigkeit mitspielen können beide Pisten innerhalb von fünf bis sieben Tage komplett eingeschneit werden. Präsident Pircher sagt: “Eine Öffnung der Piste peilen wir schon ab Mitte bis spätestens Ende November an!” In der Tat konnte der Skilift diesen Winter bereits am 26. November für Athleten geöffnet werden. In den Jahren zuvor war dies erst um den 10. Dezember möglich.
Diese zwei bis drei Wochen Unterschied seien entscheidend für das Skigebiet und die Athleten, für die jeder Schneetag am Anfang der Wettkampfs-Saison Gold wert ist. “Bis zum ersten großen Schneefall des Winters waren wir einer der zwei einzigen Skilifte weit und breit der bereits offen war, dadurch hatten wir einen unheimlichen Wettbewerbsvorteil. Vereine von Lienz bis Gröden und dem Veneto sind zum Training nach Toblach gekommen”, erzählt Pircher. Die Nachfrage an Trainings bleibt den gesamten Winter über riesengroß. Dadurch, dass die meisten anderen Skigebiet wegen Corona geschlossen bleiben mussten und der Kampf um passende Trainingspisten für Athleten ohnehin schon schwer genug ist, profitierten die Skifahrer enorm von der Piste. Ziel sei es, den Athleten und Athletinnen bestmögliche Trainingsbedingungen zu bieten, sagt Pircher. So hat sich das Skicenter Rienz in den letzten Jahren einen Namen in der Szene gemacht und das nicht nur im Pustertal.
Die Liste an Weltcupläufer- und Läuferinnen, die schon einmal in Toblach trainiert haben, ist endlos. Besonders vor und während den Alpinen Ski-Weltmeisterschaften im unweitem Cortina war die beliebte Trainingspiste bei allen Nationen hoch im Kurs berichtet Pircher: “99 Prozent aller WM-Teilnehmer waren hier, besonders bei den Damen ist die Piste sehr beliebt.” Während früher ab und zu Hochkaräter wie Anja Person in Toblach zu Gast waren, ist dieser Trend erst vor drei Jahren so richtig ins Rollen gekommen. Als im Winter 2018 die beste Skirennfahrerin der letzten Jahre Mikaela Shiffrin sich mehrere Wochen lang in Toblach aufgehalten hatte, ließen viele andere Top-Athletinnen nicht lange auf sich warten. Namen wie Christof Innerhofer, Petra Vlhovà, Ester Ledecká, Lara Gut Behrami, Anna Fenninger oder Viktoria Rebensburg sind, bzw. zählten zu Stammgästen im Skicenter. Der Deutsche Skiverband hat kurzerhand einen Partnervertrag mit dem Skigebiet abgeschlossen und trainiert seither den halben Winter über in Toblach. Heuer haben auch die Snowboarder die Piste für sich entdeckt, der Hang passt perfekt auf das Anforderungsprofil der Parallel-Events im Snowboard.
Sieben bis acht Läufe können nebeneinander gesteckt werden. Täglich gibt es drei Turnusse a zwei Stunden Trainingszeit, wo die Athleten und Athletinnen etwa zehn bis zwölf Fahrten absolvieren. Wie überall herrschen auch im Skicenter strenge Anti-Corona-Maßnahmen. Die Betreiber müssen die Regularien des Internationalen Skiverbandes einhalten, so dürfen nur jene Athleten und Athletinnen auf der Piste trainieren, die auch an internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Alle Trainer und Athleten müssen sich online für die Benützung der Piste eintragen und einen negativen Corona-Test aufweisen können. Präsident Pircher sagt: “Natürlich ist es auch für uns eine heikle Situation, wir müssen die Listen der Sportler und Sportlerinnen stetig überprüfen. Schon einige Male sind die Ordnungshüter verbeigekommen und wir haben ihnen Einblick in diese Listen gewährt. Die Zusammenarbeit mit den Teams war aber immer gut, so haben wir ihnen zum Beispiel Apotheken für Corona-Tests empfohlen.” Im Zuge der Ski-WM wurden die Teilnehmer und Betreuer alle drei Tage aufs Neue getestet: “Eine US-Amerikanische Athletin erzählte mir, dass sie schon 77 Test über sich ergehen lassen musste und nun häufig aus der Nase blutet. Keine leichte Situation für alle!” Neben den Profis liegt dem Skicenter besonders der Ski-Nachwuchs am Herzen, betont Pircher: “Natürlich ist es schön, dass so viele Stars zum Trainieren hierherkommen, dennoch wollen wir vor allem den einheimischen Ski Klubs und dem Nachwuchs eine tolle Trainings-Möglichkeit bieten!”
Seit Mitte Februar dürfen wieder Vereinstrainings bei den Skifahrern abgehalten werden, dafür präparierte das Skicenter auf Anfrage der Skiclubs zwei bis dreimal die Woche auch die flache Rienzpiste. Ein besonderes Highlight wären auch heuer wieder die Mexikanischen Ski Meisterschaften gewesen, sie hätten heuer zum vierten Mal in Toblach stattfinden sollen, aufgrund der angespannten Corona-Situation wurden sie allerdings nach Sarajewo verlegt. “Wir planen aber bereits fürs nächste Jahr, wo die Mexikanischen Meisterschaften wieder zu einem Ski Fest werden sollen!”, sagt Pircher. Neben einer Mexikanischen Band und mehreren prominenten Geladenen, wird auch das mexikanische Biermarke “Corona” als Sponsor mit dabei sein. Organisiert wird das Ganze vom Prinzen und Ex-Skifahrer Hubertus von Hohenlohe, der in Cortina bereits zum 19. Mal an einer Weltmeisterschaft teilnahm. Vor kurzem war das Skicenter Rienz Schauplatz zweier anderer exotischen Landesmeisterschaften, nämlich jene von Irland und Litauen, welche gleichzeitig auch als normales FIS-Rennen gewertet wurden. Im Männer Slalom konnte der junge Gadertaler Matteo Canins, der für die Finanzwache startet, mit dem zweiten, bzw. dritten Rang in den beiden Slaloms zwei hervorragende Ergebnisse herausfahren.
Nach der Veranstaltung zeigte sich Präsident Pircher zufrieden: “Insgesamt waren 122 Teilnehmer und Teilnehmerinnen am Start und hielten die Anti-Corona-Maßnahmen wie Sicherheitsabstand und Maskenpflicht bravourös ein.” In naher Zukunft strebt das Skicenter Rienz eine enge Zusammenarbeit mit den weiteren kleinen Skigebieten Kreuzbergpass, Pichl, Taisten und St. Vigil an. Alle haben sich wie der Trenker-Lift in Toblach auf Athleten und dem Ski-Nachwuchs spezialisiert, in gemeinsamer Sache soll das Pustertal als Paradis für Skisportler vermarktet werden und somit den kleinen Dorfliften ein weiteres Standbein verschafft werden. (MT)
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