Terenten – Im Herbst werden Kühe, Schafe und Ziegen von der Alm getrieben. Vorher werden sie auf die Heimreise vorbereitet. Dabei wird das Vieh mit Blumenschmuck, prächtigen Glocken und kunstvollen Riemen geschmückt. Reinhold Engl fertigt noch in kunstvoller Handarbeit Kuhglockenriemen für den Almabtrieb an.
Puschtra: Herr Engl, Sie beherrschen noch ein altes Handwerk: Das Fertigen von Kuhglockenriemen. Wie kamen Sie dazu?
Reinhold Engl: Mich haben Kuhglockenriemen und Glocken schon immer fasziniert und seit den 90er-Jahre fertige ich sie auch an. Die ersten Tipps habe ich mir bei anderen Handwerkern geholt. Natürlich ist aller Anfang schwer, aber mit etwas Übung habe ich mir das nötige handwerkliche Rüstzeug zugelegt. Auch meine Frau hat mir geholfen und mittlerweile habe ich sicher einige hunderte Kuhglockenriemen hergestellt. Für mich ist diese Beschäftigung ein schönes Hobby, dem ich mich vor allem im Winter widmen kann.
Ihre kunstvollen Arbeiten werden beim Almabtrieb gebraucht. Welche Stücke fertigen Sie an?
Genau! Bei der herbstlichen Heimfahrt wird das Vieh nach alter Tradition mit schönen Kränzen aus Blumen und prächtigen Glocken mit kunstvollen Riemen geziert. Hauptsächlich stelle ich eben diese Kuhglockenriemen mit Fransen, Messingnieten und Messingmotiven her. Dabei sieht jeder Riemen anders aus: mal werden die Fransen in den traditionellen Farben rot, grün und gelb verwendet oder sie werden je nach Wunsch des Auftraggebers kombiniert. Als Motiv für die Messingnieten gibt es verschiedene Varianten: So etwa das Muttergottes Monogramm IXXI oder das Christusmonogramm IHS. So mancher Bauer möchte auch seine Initialen auf dem Glockenriemen wiederfinden. Dazu fertige ich auch Kränze für die ‘Kranzkuh‘, die dieser als Kopfschmuck dienen. Mit der Zeit habe ich angefangen auch ‘Kuhschellen‘ herzustellen mit denen die Bauern ihr Vieh bei der Auffahrt auf die Alm bestücken. Dann repariere ich auch noch gebrauchte Glockenriemen.
Mit welchen Materialien arbeiten Sie?
Die Materialien bleiben immer gleich: Es braucht einen Lederriemen, den ich in Südtirol oder Nordtirol einkaufe. Synthetische Wolle in verschiedenen Farben für die Fransen, die mit einem Weberstuhl gebunden werden und verschiedene Größen von Messingnieten und –motiven, die mit einer Ahle eingestochen und dann befestigt werden. Dazu kommt noch ein dicker Filz, der zum Schluss der Arbeiten auf die Unterseite des Riemens geklebt wird und als Unterfutter dient.
Was ist bei der Ausübung dieses Handwerks wichtig?
Genauigkeit ist sicher wichtig. Ansonsten muss darauf geachtet werden, dass die Farben der Fransen zusammenpassen und der gesamte Riemen insgesamt ein harmonisches Ganzes ergibt.
Die „Kranzkuh“ trägt einen Blumenkranz oder einen anderen Kopfschmuck? Was hat es mit diesem Brauch auf sich?
Ist der Almsommer gut verlaufen, d.h. gab es keine Unfälle oder Todesfälle und Mensch und Tier kommen wohlauf ins Tal, wird das Vieh für die Heimfahrt geschmückt. Die ‘Kranzkuh‘ – die schönste Kuh im Stall – bekommt einen schönen Kopfschmuck und eine besonders schöne Glocke mit einem kunstvoll gestalteten Riemen. Als Glocke für diese Kuh kann eine ‘Wandelglocke‘ oder ein ‘Kumpf‘ getragen werden. Je nachdem wie das ‘Geläut‘ aufeinander abgestimmt wird.
Was versteht man unter: “Altes Geläut“?
Unter dem ‘Alten Geläut‘ versteht man das Zusammenspiel der verschiedenen Glocken auf der Heimreise der Tiere. Dabei soll das ‘Geläut‘ von den verschiedenen ‘Wandelglocken‘, die mit ihrem feinen Ton die Melodie geben und den ‘Kumpfglocken‘, die sozusagen der Pass dazu sind, einen harmonischen Klang ergeben. (TL)
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