Europäischer Tag des Denkmals

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Europäischer Tag des Denkmals

“Die Vergangenheit hat Zukunft! Kulturgüter leben.“ Unter diesem Motto wurden anlässlich des Europäischen Tages des Denkmals vom 4. bis zum 9. Oktober verschiedene Initiativen organisiert, um Kulturdenkmäler und Denkmalpflege in den Mittelpunkt der Gesellschaft zu holen.

Der Puschtra hat die Veranstaltungen verfolgt und die für Denkmalpflege zuständigen Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer zum Interview gebeten.

Führungen im Landesdenkmalamt
Eine ganze Woche lang gab es verschiedene Initiativen zum Tag des Denkmals, die vom Landesdenkmalamt organisiert wurden. Am 9. Oktober wurde der Tag des Denkmals im Ansitz Rottenbuch in Bozen begangen. An diesem Tag hatten alle Interessierten die Möglichkeit den Ansitz unter der Führung von Kunsthistorikern und Architekten zu besuchen und die Tätigkeit des Landesdenkmalamtes zu verfolgen: durch das Depot des Landesarchivs führte die Direktorin Christine Roilo und Stellvertreter Gustav Pfeifer. Zudem wurden Führungen durch die archäologische Ausstellung im Foyer durch Landesarchäologen gegeben, wo eine Auswahl archäologischer Funde Einblick in das bedeutende archäologische Kulturerbe Südtirols darstellen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger haben das Angebot des Landesdenkmalamtes wahrgenommen und die Räumlichkeiten besucht.

Künstlergespräch
Den Auftakt des Denkmaltages bildete ein Gespräch von Landeskonservatorin Karin Dalla Torre mit dem Künstler Manfred Alois Mayr, der aus einem zerbrochenen Lüster des Palais Rottenbuch das Lichtobjekt “WaltRose“ geschaffen hat, ganz im Sinne der Denkmalpflege: “Erhalten und gestalten“.
„Denkmalpflege ist unverzichtbar“, betonte die Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer am Tag des Denkmals im Ansitz Rottenbuch. Alte Baukultur sei identitätsstiftend. Gerade in der Corona-Zeit hätte die Denkmalpflege, indem sie die Verbindung zu Geschichte und Kultur herstelle, das Gefühl von Sicherheit und Beständigkeit vermittelt. Die Landesrätin erklärte auch, bei der Beitragsvergabe in der Denkmalpflege eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen neu zu überdenken.

Landeskonservatorin Karin Dalla Torre verwies darauf, dass in Südtirol derzeit „mehr als 5000 Bauten unter direktem Denkmalschutz stehen“ und forderte dazu auf, sich mit diesen Bauten auseinanderzusetzen, um daraus Muster für die Gegenwart abzuleiten.

Der Europäische Tag des Denkmals
Der Europäische Tag des Denkmals ist eine kulturelle Initiative des Europarates, die von der Europäischen Union 1991 ins Leben gerufen wurde. Der Europarat empfiehlt die Veranstaltung als europäisches Fest für Denkmalpflege, das bei einem breiten Publikum das Interesse an Kulturgütern in all ihrer Vielfalt fördern soll. Im Mittelpunkt stehen dabei die Bemühungen zur Erhaltung des reichen Erbes. (jw/Red)

Interview mit Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer
Puschtra: Frau Landesrätin, zum Europäischen Tag des Denkmals gab es eine ganze Woche lang eine Reihe von Initiativen und Veranstaltungen rund um Kulturdenkmäler und Denkmalpflege. Warum ist es wichtig dieses kulturelle Erbe zu schützen?
Maria Hochgruber Kuenzer: Ich denke, dass unser kulturelles Erbe ein Schatz ist, den es gilt herzuzeigen. In ganz Südtirol finden sich überall verstreut Kultur- und Bauschätze und dabei sind nicht nur die älteren Objekte interessant, sondern auch jüngere Kulturgüter in Südtirol sind durch die besondere Geschichte unseres Landes geprägt. Dazu kommt, dass die Südtiroler Gesellschaft durch diese Kulturdenkmäler ihre eigene Identität stärkt und der nächsten Generation nicht nur einen Auftrag erteilt, sondern regelrecht das Gespür ihrer Vorfahren weitergibt. Umgekehrt wäre Amerika ein gutes Beispiel, wo ein relativ junges Volkes sich mit der eigenen Identität schwertut. In Südtirol haben wir eine vielfältige und geschichtsträchtige Kultur, die es zu schützen gilt.

Der Europäische Tag des Denkmals wird in Südtirol seit 2005 veranstaltet. Lassen sich seit damals, in Bezug auf Südtirols Kulturgüter, entscheidende Entwicklungen ausmachen?
Leider konnte der Tag des Denkmals die letzten zwei Jahre nicht ausgetragen werden und deshalb ist es umso wichtiger solche Initiativen ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Tagtäglich sind wir alle mit unterschiedlichen Dingen beschäftigt, die unsere Lebensbereiche bestimmen und genauso braucht das Denkmal einen Platz in unseren Gedanken und eine Lobby, die sich für dieses Thema einsetzt. Dieser Europäische Tag des Denkmals wäre diese Lobby, die das Denkmal für die Menschen durch verschiedene Veranstaltungen in die Mitte rückt. So eine Initiative braucht es immer wieder.

„Unser kulturelles Erbe macht Südtirol zu etwas Besonderem und stiftet Gemeinschaft“, lautet eines Ihrer Zitate. Welches wären einige dieser Besonderheiten, die Südtirol zu bieten hat?
Südtirol hat über 5.000 Objekte, die unter Denkmalschutz stehen. Von diesen 5.000 sind ca. 1.500 bäuerliche Höfe, die im ganzen Land verstreut sind. Dieses besondere Kulturgut kann im Vorbeigehen erwandert und erlebt werden. Dann sind wir in Südtirol noch mit sehr vielen Kirchen und Kapellen auf engem Raum gesegnet, was ebenfalls einzigartig ist. Dazu kommen die vielen Burgen, Schlösser und Ansitze in den Talschaften, die für unser Land sehr identitätsstiftend sind und vom Betrachter auch sehr unterschiedlich wahrgenommen werden können. Deshalb hat Südtirol sehr viel zu bieten, das bewahrt werden soll, jedoch soll auch Raum dafür geschaffen werden, Neues zulassen. Denn jede Zeit hat auch die Verantwortung Neues zu schaffen.

Erst Anfang dieses Jahres wurde die Landesförderung für Schindeldächer gestrichen, das Unverständnis bei den Betroffenen war groß und diese hoffen nun, dass für 2022 die Förderungen dieser Kleindenkmäler wieder möglich sind. Bleibt diese Maßnahme eine einmalige Sache, die der Coronakrise zuzuschreiben ist?
Diese Maßnahme ist nicht der Coronakrise zuzuschreiben, sondern vielmehr dem verkleinerten Landeshaushalt. Die Ansuchen von 2019, die bereits genehmigt, aber noch nicht fertiggestellt und ausbezahlt waren, sollten zuerst vollständig aufgearbeitet und bezahlt werden. Die Beiträge wurden ausgesetzt, weil es ansonsten 2021 Engpässe und endlose Wartezeiten für neue Antragsteller gegeben hätte. Zudem werden die Beitragsansuchen jetzt überarbeitet. Ziel ist es, 2023 die Beiträge wieder zu starten.

Sind des Weiteren für die Zukunft Maßnahmen geplant, um Besitzer von historischer Bausubstanz gezielter für Sanierungen zu gewinnen?
Wir möchten wirklich stärker mit den Besitzern von historischem Baubestand in Kontakt treten. Vielleicht auch über eine Broschüre, wo auf unterschiedliche Fragen Antworten gegeben werden: was heißt es in einem denkmalgeschützten Gebäude zu leben, welchen Wert hat es, worauf muss ich achten, an wen kann ich mich wenden usw… Es ist wichtig, mit diesen Menschen, die ihr Kulturgut erhalten wollen, in Beziehung zu treten und das schon bevor sie einen Antrag stellen. Wenn hier im Vorfeld Sensibilisierungsarbeit geleistet wird, bin ich davon überzeugt, dass sich die oft unterschiedlichen Vorstellungen zwischen Denkmalamt und dem Bauherren leichter lösen lassen. Dazu haben wir einen externen Denkmalbeirat geschaffen, der auf seiner Tagesordnung das Thema der Beitragskriterien behandelt, was natürlich eine große Herausforderung ist und dementsprechend ein längerer Prozess wird. (TL)