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Corinna Knapp aus Mühlwald

„Ich brauch ständig einen Adrenalinkick – am besten täglich.“

Corinna Knapp ist ein sonniges Wesen. Die 25-Jährige sprüht vor Energie und Bewegungsdrang. Sie kann einfach nicht nichts tun.

Frau Knapp, waren Sie heute schon unterwegs?
Ja, in der Früh bin ich mit den Skiern zum Sonnenaufgang auf den Speikboden und nach der Arbeit am Nachmittag war ich noch schnell am Gorner Spitz.

Was gibt Ihnen das Bergsteigen?
Natürlich freue ich mich, wenn mich Freunde begleiten, vor allem bei schwierigeren Touren, aber da ich täglich etwas tun ‚muss‘ und Kollegen nicht immer Zeit haben, bin ich viel alleine unterwegs. Da kann ich abschalten und über Gott und die Welt nachdenken. Bergsteigen ist die beste Entspannungstherapie. Allein auf einem Gipfel zu stehen ist ein Hochgefühl! Das Höchstmaß an Freiheit. Ich genieße die langen Tage im Sommer. Zum Beispiel gehe ich nach der Arbeit auf den Schwarzenstein und segle mit dem Paragleiter zurück ins Tal – ein Traum! Zum Gleitschirmfliegen brachte mich übrigens mein Tatta, er ist Drachenflieger. Ich habe den Flugschein und bin beim Falkenclub Ahrntal. Der Gleitschirm ist eigentlich immer im Rucksack, so kann ich spontan entscheiden, ob ich beispielsweise im Winter mit den Skiern abfahre oder in der Luft abgleite.

Woher nehmen Sie die Zeit für Ihre täglichen Aktivitäten?
Ich bin Briefträgerin, ein toller Job. Da bin ich ständig an der frischen Luft und in Bewegung. Nach der Arbeit finde ich genügend Zeit, auf einen Berg zu rennen. Gelernt habe ich Tischlerin und ich übte vier Jahre lang diesen Beruf aus, aber bei der Arbeit in der Werkstatt fühlte ich mich zu sehr eingesperrt.

Waren Sie schon als Kind so aktiv?
Als Kinder nahmen die Eltern meine zwei jüngeren Schwestern und mich immer mit auf die Berge, ob wir wollten oder nicht. Die Freude am Wandern entwickelte sich bei mir schon sehr früh.

Haben Sie Vorbilder?
Die Leidenschaft fürs Bergsteigen habe ich von meiner Mama, ich möchte auch alle Gipfel besteigen, auf denen sie bereits gestanden ist. Ein riesiges Vorbild ist für mich Erich Seeber alias Milla. Ich bewundere seine bergsteigerische Leistung, die zu toppen, ist schwierig. Er lehrte mir auch die Technik des Felskletterns. Mit ihm bin ich gerne unterwegs, wir haben viel Spaß zusammen. Ich begleitete Erich voriges Jahr auch bei seiner Tirol-Trilogie, bei der er zu Fuß von Mühlwald aus den Großglockner, die Wildspitze und den Ortler bestieg und wieder zu Fuß heimkehrte. Mit ihm war ich auf der Wildspitze.

Streben Sie nach Rekorden?
Es geht mir nicht um Rekorde, aber ich liebe neue Herausforderungen. Mit dem Auto meines Ex-Freundes fuhr ich einmal auf einer deutschen Autobahn 300 km/h, wir wollten sein Auto „testen“. Ich brauche den Adrenalinkick. Seit zwei Jahren führe ich Tourenbuch, seitdem sind darin 500 Gipfelbesteigungen verzeichnet, nicht mitgerechnet die Berge, die ich bereits mehrmals bestiegen habe. Heuer möchte ich mit meiner besten Freundin Veronika, die in der Schweiz arbeitet, einige Viertausender versuchen. Als heuriges Ziel setze ich mir weiters, 365.000 Höhenmeter im Jahr zu schaffen, also im Schnitt 1.000 Höhenmeter pro Tag.

Können Sie auch einfach mal nichts tun?
Hm, schwierig. Stillsitzen konnte ich schon in der Schule nicht. Aber ich bin auch gern daheim mit der Familie, gehe spazieren, führe feine Gespräche und genieße die Sonne.

Wie würden Sie sich charakterisieren?
Ich bin temperamentvoll, positiv denkend und ein Familienmensch. Ich liebe Spontaneität und weiß am Morgen nicht immer, ob ich nach der Arbeit mit den Tourenskiern oder zum Eisklettern gehe. Mein Auto ist das Basislager samt Ausrüstung, so kann ich mich kurzfristig entscheiden, dahin zu starten, wofür ich gerade Lust habe. Meine Schwächen sind Ungeduld, vielleicht bin ich manchmal auch etwas naiv, zu sorglos und zu unbekümmert. Bei Schwierigkeiten am Berg konnte ich bislang immer die Nerven behalten und Lösungen finden. Richtig Angst hatte ich eigentlich noch nie. Rückschläge entmutigen mich nicht, sondern ich lerne daraus.

Sorgen sich Ihre Eltern, wenn Sie ständig in den Bergen sind?
Manchmal vielleicht schon, obwohl sie großes Vertrauen in mich haben. Meinen ersten großen Gleitschirmflug nach der Flugscheinprüfung startete ich vom Weißzint. Meine Eltern begleiteten mich zum Gipfel und drehten von meinem Flug ein Video. Im Film hört man meine Mama sagen, als ich längst schon in der Luft war: „A sella narrischa Gitsche“ und mein Tatta antwortet: „Se ischse wo, obo wos soll man tien?“ (IB)