Niederdorf – Die Tour of the Alps 2022, das mehrtägige Etappenradrennen in der Europaregion Euregio, war bei der heurigen Austragung gleich zweimal in Niederdorf zu Gast: Etappenziel am 20. April 2022 und Etappenstart am darauffolgenden Tag. Neben den sportlichen Leistungen, stand bei der Tour of the Alps die Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Organisation DEBRA im Fokus.
Die Tour of the Alps wurde vom 18. bis 22. April 2022 ausgetragen. Die Rundfahrt, welche aus dem ehemaligen „Giro del Trentino“ hervorging blickt auf eine lange Tradition zurück. Erstmals veranstaltet wurde die Rundfahrt im Jahre 1979. Radsportgrößen wie Francesco Moser, Giuseppe Saronni oder Gianni Bugno waren Protagonisten in den ersten Jahren des Giro del Trentino. Rekordsieger ist nach wie vor Damiano Cunego, der von den italienischen Tifosi liebevoll „il Príncipe“ genannt wurde, mit drei Gesamtsiegen. 2017 hat sich der Giro del Trentino neu erfunden und wurde zur regionenübergreifenden Tour oft the Alps umgetauft und auf fünf Etappenstopps in Tirol, Südtirol und dem Trentino verkürzt.
Die Premieren-Etappe in Innsbruck gewann der Italiener Michele Scarponi, der zwei Tage nach Beendigung der Rundfahrt während einer Trainingsfahrt nahe seiner Heimatsgemeinde von einem Kleintransporter überfahren wurde und noch am Unfallort verstarb. Von den 18 teilnehmenden Mannschaften gehörten dieses Jahr zehn der höchsten UCI-Kategorie „World Tour“ an – Zeichen für ein extrem hohes Niveau im Fahrerfeld der Tour oft he Alps. Die Rundfahrt gilt neben der Tour de Romandie in der Schweiz, als das wichtigste Vorbereitungsrennen für den Giro d`Italia im Mai.
So waren auch bei dieser Edition zahlreiche Topgrößen des Radsports am Start: Chris Froome (Israel-Premier Tech), fünfmaliger Tour de France Sieger, Thibaut Pinot (Groupama-FDJ), Tour de France Dritter und Tour oft the Alps Sieger 2018, Mikel Landa (Bahrain-Victorious), Gewinner des Giro del Trentino 2016, Miguel Angel Lopez (Astana), Giro Dritter und Etappensieger bei der Tour und Vuelta, sowie die Ex-Tour oft the Alps Sieger Pavel Sivakov und Ritchie Port (Ineos) zählten zu den Favoriten für den Gewinn der Gesamtwertung 2022. Nach dem Startschuss der Tour im Trentino, war sie am 20. April am Dorfplatz in Niederdorf für die Zielankunft der dritten Etappe zu Gast. Die bergige Etappe war mit vier von fünf Sterne eingestuft. Die 154 Kilometer lange Strecke führte vom Start in Lana über die Anstiege Klausen-Feldthurns, Brixen-Natz, Vintl-Terenten, St. Vigil-Furkelpass nach Niederdorf.
Das Highlight der selektiven Strecke war sicherlich die Querung des Furkelpasses, der mit Abschnitten über 15 Prozent Steigung den Fahrern alles abverlangte. Über 60 Kilometer dauerte es, bis die Fluchtgruppe des Tages ausreißen konnte. Aus der zwölfköpfigen Spitzengruppe konnten sich auf der Furkel, dem schwersten Anstieg der gesamten Tour, ein Duo absetzen. Der Norweger Torstein Traen holte sich die Bergwertung und ging mit rund einer Minute Vorsprung auf die Gesamtklassements-Favoriten in die heikle Abfahrt, die ihm zum Verhängnis wurde: Bei einer Rechtskurve riskierte er zu viel und ging mit hoher Geschwindigkeit zu Boden, blieb aber glücklicherweise nahezu unverletzt. Auf dem Weg nach Niederdorf schloss sich die Fluchtgruppe zusammen und nach mehreren Attacken, konnte sich unterhalb des letzten Kilometer-Banners der Deutsche Lennard Kämna entscheidend absetzen. Für den Profi vom Bora-Hansgrohe Team war es der erste Sieg seit seinem Erfolg bei der Tour de France im vergangenen Jahr.
Am darauffolgenden Tag startete das Peloton in Niederdorf zum nächsten Etappenziel nach Kals am Großglockner. Die Etappe über 142 Kilometern endete in einem Herzschlagfinale: Der Ex Tour oft the Alps Gesamtsieger Thibaut Pinot konnte sich am Zielanstieg von seinem Fluchtgefährten absetzen und radelte seinen ersten Sieg seit 2019 entgegen, 500 Meter vor dem Ziel wurde er vom Spanier Miguel Angel Lopez ein- und überholt. Der sichtlich enttäuschte Franzose kam mit vier Sekunden Rückstand ins Ziel und brach dort in Tränen aus; nach heftigen Stürzen und gesundheitlichen Problemen hätte der Liebling der Grand Nation ein Erfolgserlebnis gut gebrauchen können. Hervorragend war die Leistung des 24-jährigen Osttirolers Felix Gall, der sich bis zur letzten Etappe auf Rang vier des Gesamtklassements halten und die Rundfahrt als ausgezeichneter Sechster beenden konnte. Auf der letzten Etappe Rund um Lienz konnte sich Thibaut Pinot revanchieren und holte sich den ersehnten Tagessieg. In der Gesamtwertung konnte ein anderer Franzose Romain Bardet (Team DSM) den bis dato Führenden Spanier Pello Bilbao (Bahrain Victorious) noch abfangen und die Tour oft the Alps 2022 für sich entscheiden. Die Tour oft the Alps hat ihren Fokus seit einigen Jahren auf Nachhaltigkeit gesetzt und startet eine Etappe vom selben Ort wie das Ziel am Tag vorher, um unnötigen logistischen Aufwand zu vermeiden.
Verantwortlicher für das neuerliche Haltmachen des wichtigsten Radrennens des Jahres in Südtirol ist Hubert Trenker vom Tourismusverein Niederdorf. Bereits 2017 startete die dritte Etappe der Tour oft the Alps in Niederdorf und auch damals war der Etappensieger kein geringerer als Tour de France Triumphator Geraint Thomas. Das Rennen war täglich in 90 Minuten Live-Übertragung in mehr als 100 Ländern weltweit zu sehen. Berichten von Etappenorten, zeigen der Sehenswürdigkeiten und Panoramabildern aus dem Helikopter soll den Veranstaltern von Radrennen den erhofften Werbeeffekt bringen. Neben den sportlichen Leistungen, steht bei der Tour of the Alps die Zusammenarbeit mit der gemeinnützigen Organisation DEBRA Onlus im Fokus. DEBRA hilft Menschen mit der angeborenen Hauterkrankung „Epidermolysis bullosa“ (EB), auch bekannt unter dem Namen „Schmetterlingskinder“. Am ersten Tag des Radrennens wurde im Niederdorfer Ortszentrum, ein Rad-Sicherheits-Parcours für Kinder- und Jugendliche aufgebaut. Die freiwilligen Spenden kamen der Organisation DEBRA zugute. Nach der Tour of the Alps ist vor dem Dolomit Superbike. Einem der ältesten Mountainbike-Marathons der Welt, seit 27 Jahren ist die Veranstaltung der Treffpunkt für die Mountainbike-Szene schlechthin und lässt heuer mit einer neuen zusätzlichen Strecke über 85 Kilometern und 2.400 Höhenmetern aufhorchen. (MT)
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