Toblach – Der musikalische Sommer im Euregio Kulturzentrum Toblach soll heuer abwechslungsreich werden, „einfach grenzenlos“, um es mit den Worten des Programmmottos wieder zu geben. Wie das geplante Programm diesem Motto Rechnung trägt, erzählen uns Sigisbert Mutschlechner, Präsident der Stiftung Euregio Kulturzentrum Toblach und Hansjörg Viertler, der Präsident der Gustav-Mahler-Musikwochen im Interview.
Puschtra: Herr Mutschlechner, Ende Mai wurde der Kultursommer im Euregio Kulturzentrum Toblach mit einem ausverkauften Konzert von Herbert Pixner und Thomas Gansch eröffnet. Gehören Kulturveranstaltungen wieder zum Alltag der Südtirolerinnen und Südtiroler?
Sigisbert Mutschlechner: Ja, natürlich gehören sie wieder dazu! Das Konzert von Herbert Pixner und Thomas Gansch – das ein neues Projekt darstellt – war übrigens ein sehr gelungenes und seltenes Konzert. Diese Gelegenheit wollten wir nutzen, um den Kultursommer 2022 zu eröffnen.
Hat die Pandemie das diesjährige Programm noch endscheidend in der Vorbereitung beeinflusst?
Die Auswirkungen der Pandemie sind immer noch spürbar. Viele Konzerte im Programm sind seit zwei Jahren in Planung und können bzw. konnten erst in diesem Jahr durchgeführt werden. Andere Formate, wie z.B. die „Musik-im-Park“-Abende sind gerade wegen der Pandemie entstanden und werden fortgeführt, da sie ein großer Erfolg waren und einfach gut ins Sommerprogramm passen. Der Tatendrang unsererseits aber auch von Seiten der Künstler ist nach dieser Zeit sehr groß.
Dieser Sommer soll laut dem Kultur-Programm “Einfach grenzenlos“ sein?
Genau und zwar grenzenlos in vielerlei Hinsicht. Wir haben Musiker aus der Region aber auch internationale Künstler, die auftreten werden. Die Event-Formate reichen von Konzerten, zu Open Airs, Vorträgen, Theater bis hin zu einer Kunstaustellung. Damit wollen wir ein bunt-gemischtes Publikum ansprechen, es ist für alle Geschmäcker und Altersklassen etwas dabei. Grenzenlos sind auch die Möglichkeiten, die unser Kulturzentrum bietet, so finden unsere Veranstaltungen abwechselnd im Gustav-Mahler-Saal, Spiegelsaal und im großen Park statt.
Das Programm dieses Kultursommers soll auch ein neues Publikum ansprechen. Mit welchen Programmpunkten verfolgen Sie dieses Ziel?
In diesem Sommer haben wir ein Kindertheater im Park und jeden Monat einen „Musik-im-Park“-Abend. Mit diesen Formaten und unserem alljährlichen Langis.klong Open Air möchten wir vor allem ein jüngeres Publikum ansprechen. Bei fast allen Konzerten im Gustav-Mahler-Saal bieten wir außerdem bereits das zweite Jahr in Folge den Spezialpreis von 5 Euro für Studenten an. Kinder unter 12 Jahren können unsere Veranstaltungen kostenlos besuchen und mit dem Euregio Family Pass gibt es den reduzierten Eintrittspreis. Unsere Kulturveranstaltungen sollen wir alle da sein.
Die Musik-im-Park-Abende in Toblach sind sehr beliebt. Wie verlief der erst kürzlich veranstaltete Abend Langis.klong Open Air Vol. 10+2 mit den Bands: La Brass Banda und Caravana Sun sowie dem Projekt Drums im Park?
Nach zwei Jahren konnten wir am 10. Juni endlich das 10-Jahre-Jubiläum unserer Langis.klong Open Airs feiern. Die bayrische Pop-Brass-Band LaBrassBanda war das Highlight des Abends und hat viele Besucher aus Nah und Fern angezogen. Die Australier Caravana Sun haben die Stimmung ordentlich angeheizt. Das Wetter hat gepasst und das Publikum und die Musiker waren begeistert in dieser einzigartigen Kulisse endlich wieder einmal ein Open Air zu erleben.
Erstmals gibt es auch eine Ausstellung bildender Kunst? Was beinhaltet die Ausstellung “FARBAKKORDE – malerische Extrakte aus Mahlers Symphonien“?
Die Werke des Nordtiroler Künstlers Siegfried Antonello Schwendtner sind Versuche, die Klangwelt Mahlers mit den Mitteln der Malerei zu ergründen. Die Ausstellung ist bis zum 17. September im 1. Stock des Kulturzentrums zugänglich, Führungen mit dem Künstler gibt es am 12. Juli, 14. Juli. und 8. September 2022 – jeweils 16 Uhr, mit vorheriger Anmeldung.
In der Neubesetzung des Kuratoriums der Stiftung kommen Persönlichkeiten zusammen, die aus ganz unterschiedlichen Bereichen kommen. Welches Potenzial sehen Sie in dieser neuen personellen Zusammensetzung?
In der Besetzung des Kuratoriums sehe ich das große Potential das Kulturzentrum Toblach mit anderen Personen zu vernetzen, die Philosophie des Hauses nach außen zu tragen und gleichzeitig neue Ideen und Inputs zu erfahren. In einem ersten Treffen war es schön zu erleben, wie groß das Interesse an Toblach und dem dortigen Kulturzentrum ist. Die meisten Personen verbinden Toblach mit Gustav Mahler. Das ist gut so und gilt auszubauen. Gleichzeitig gilt es aber auch neue Wege zu bestreiten und das Potential, welches Toblach hat, weiterzuentwickeln.
Gibt es schon zukünftige Vorhaben, die Sie uns verraten können?
Viel möchte ich noch nicht verraten. Nur Eines, wir treffen uns im Herbst, um in einem gemeinsamen Arbeitstreffen die nächsten Schritt festzulegen.
Hansjörg Viertler
Puschtra: Herr Viertler, die Gustav-Mahler-Musikwochen gibt es nun schon seit 42 Jahren und Sie sind von Anfang an dabei. Worin liegt Ihrer Meinung nach die Faszination dieser Veranstaltung?
Hansjörg Viertler: Die Idee, in einem Bergdorf wie Toblach die Gustav-Mahler-Musikwochen entstehen zu lassen, war natürlich in den 80er-Jahren alles andere als üblich. Zu Beginn gab es auch Vorbehalte, aber dennoch waren die Musikwochen von Anfang an erfolgreich, sei es von den Künstlern als auch vom Publikum her. Zugleich hat es zu dieser Zeit eine Mahler-Renaissance gegeben, was auch dazu beigetragen hat, dass der Erfolg Bestand hatte, obwohl es nicht immer leicht war. Eine Schwierigkeit, mit der wir zu kämpfen hatten war, dass unsere Aufführungsorte begrenzt bzw. nicht ideal waren, um Mahler zu bringen. In den 90er-Jahren hat dann die Landesregierung, unterstützt von der Gemeinde Toblach, beschlossen das Grand Hotel umzubauen und wir haben den Gustav-Mahler-Saal erhalten. Das war dann die Gewähr für die Zukunft der Gustav-Mahler-Musikwochen. Die Faszination ist jene, dass es Jahr für Jahr, nicht nur eine finanzielle, sondern auch inhaltliche Herausforderung ist eine Veranstaltung zu gestalten, die mit geringen Mitteln auskommt, aber dennoch viel Aufmerksamkeit weckt, um Menschen nach Toblach zu bringen.
Welches Publikum begrüßen Sie in Toblach zu den Musikwochen?
Es gibt aus dem Pustertal sehr viele Einheimische, die die Musikwochen besuchen. Ansonsten gehören Gäste aus aller Welt zu unserem Publikum, die, auch wenn sie nicht nur zu den Konzerten anreisen, zumindest ihren Urlaub in dieser Zeit planen. Freunde der Mahler-Musik-Wochen sind zum Beispiel auch Mitglieder der verschiedenen Mahler-Gesellschaften aus Hamburg, London oder auch aus Holland.
“Gustav Mahler – vom Ursprung bis in die Zukunft“ lautet das diesjährige Motto? Was erwartet das Publikum?
Vom Ursprung deshalb, weil das Mahler Orchestra Toblach heuer ein Werk zur Aufführung bringt, das Mahler nur einmal dirigiert hat: seine Urfassung der Ersten Symphonie. Das ist eine besondere Initiative und Herausforderung – erst die zweite „moderne“ Aufführung weltweit – um zu zeigen, wie der junge Mahler damals diese Symphonie gestaltet hatte. Vom Ursprung in die Zukunft deshalb, weil wir im Rahmen der Mahler Wochen ein Sonderprojekt haben, wo junge Komponistinnen und Komponisten im letzten Jahr – inspiriert durch Das Lied von der Erde – die Herausforderung angenommen haben ihre eigenen Werke zu schreiben, die im Rahmen der Musikwochen bei einem Konzert zur Aufführung kommen. Das Lied von der Erde selbst wird dann am 22. Juli zu hören sein, mit dem Budafok Dohnanyi Orchester unter Roberto Pasternostro. Eine Neuheit dieses Jahr ist auch eine internationale Mahler-Tagung mit dem Titel „Die kompositorische Rezeption Gustav Mahlers“.
Wie werden die Gustav-Mahler-Musikwochen dieses Jahr eröffnet?
Eröffnet wird das Festival am 9. Juli, wenn in einer Zusammenarbeit der Gustav-Mahler-Wochen mit der Jenaer Philharmonie das Orchester unter der Leitung von Simon Gaudenz Mahlers Fünfte Symphonie mit dem berühmten Adagietto präsentiert. Dieses Projekt mußte aufgrund der Pandemie schon zwei Jahre lang verschoben werden, deshalb sind wir glücklich, es nun aufführen zu können. Nach einer Begrüßung und dem Konzert folgt dann ein Umtrunk, wo sich die Mahler-Liebhaber austauschen können. Wir sind seit je her ein kleines Festival, aber wir genießen trotzdem eine besondere Aufmerksamkeit, insbesondere bei den Mahler-Freunden. Deshalb möchte ich vor allem unseren Sponsoren danken, die uns all die Jahre unterstützt haben.
Ihr persönlicher Wunsch zu den Gustav-Mahler-Wochen lautet?
Es ist mir ein Anliegen eine Partnerschaft mit den Mahler-Orten zustande zu bringen. Gustav Mahler stammt aus Böhmen, in der mährischen Stadt Iglau hat er seine Jugend verbracht, am Attersee, am Wörthersee und in Toblach hat er komponiert. Es wäre ein Wunsch mit diesen Orten in Zukunft eine engere Partnerschaft zu pflegen, um die Kommunikation zu Mahler auszubauen und es Interessierten zu ermöglichen sich in verschiedenen Orten mit dem Musiker auseinanderzusetzen. (TL)
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