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Nicht für alle Missstände verantwortlich

Die pauschalen Vorwürfe an den Tourismus hat der Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) zum Anlass genommen, um im Rahmen einer Medienkonferenz dazu Stellung zu nehmen und aufzuzeigen, was der Verband und die Branche in puncto nachhaltigeres Handeln unternimmt.

Schon vor der Corona-Pandemie hat auch in Südtirol eine Diskussion über Grenzen im Tourismus eingesetzt. „Dieser öffentlichen Diskussion stellt sich der HGV gerne, wenn die Debatte objektiv und sachlich geführt wird. Diese von uns gewünschte Art der Debatte vermissen wir dann, wenn suggeriert wird, dass der Tourismus in Südtirol pauschal für quasi alle Missstände und strukturellen Mängel im Land verantwortlich wäre“, unterstrich HGV-Präsident Manfred Pinzger.

Verkehr verursachen alle
Ein immer wieder geäußerter Vorwurf ist die hohe Verkehrsbelastung durch den Tourismus in Südtirol. Pinzger: „Der Tourismus allein kann aber nicht für die Verkehrsbelastung insgesamt verantwortlich gemacht werden. Es gibt viele weitere Verkehrsverursacher. Alle sind angehalten, das eigene Mobilitätsverhalten zu hinterfragen und zu optimieren.“

CO2-Emissionen
Immer wieder wird behauptet, dass der Tourismus in Südtirol mit 18 Prozent zu den CO2-Emissionen beiträgt. Bei dieser Zahl wird stets auf die Eurac-Research-Studie Tourismus 2030 verwiesen. „Weder in der Studie von Eurac Research noch im Klimareport der Eurac steht geschrieben, dass der Tourismus für 18 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sei. Hier wird reine Stimmungsmache betrieben“, kritisierte Pinzger und verwies auf Zahlen des Umweltbundesamtes Deutschland. Demnach entfallen zwischen fünf und acht Prozent aller klimaschädlichen Emissionen weltweit auf den Tourismus. Das Terra Institute in Brixen geht ebenso von ähnlichen Werten aus. Der HGV fordert nun klare und belegbare Daten. Dies betrifft die CO2-Emissionen genauso wie die Verkehrsbelastung, den Ressourcenverbrauch usw. „Der HGV ist bereit, diese Zahlen zusammen mit der KlimaHaus Agentur und Eurac Research zu erheben, um ein umfassendes Südtirol spezifisches Bild zu erhalten“, kündigte Pinzger an.

Stellungnahme von Professor Thomas Bausch
Im Rahmen der Medienkonferenz nahm Prof. Dr. Thomas Bausch, Direktor des Kompetenzzentrums Tourismus und Mobilität an der Freien Universität Bozen, zur Verkehrsbelastung in Südtirol Stellung und stellte die Frage, ob an allem nur der Tourismus schuld sei. Mit Daten und Fakten, die sich aus diversen Verkehrszählungen ergeben, zeigte Bausch auf, dass die Grundlast im Südtiroler Verkehrsnetz und dessen Auslastung seit 2002 erheblich gewachsen ist. Der Monat November weist fast keinen Tourismus in Südtirol auf (1,75 % der Übernachtungen). Im November ist das Verkehrsaufkommen seit 2002 auf der Pustertaler Straße um 46 Prozent bei St. Lorenzen, um 42 Prozent bei Bruneck Ost sowie auf der MEBO um 22 Prozent bei Vilpian gestiegen. Im verkehrsreichsten Monat August ist das Verkehrsaufkommen seit 2002 ähnlich gestiegen. Das Verkehrswachstum entspricht dabei dem Wachstum der Grundlast. „Die zusätzliche Belastung durch den Tourismus ist dagegen konstant geblieben oder nur geringfügig gestiegen“, folgerte Prof. Dr. Bausch. Somit lässt sich statistisch kein Zusammenhang zwischen dem Zuwachs der Übernachtungen im August und der touristisch erklärbaren Zusatzlast des Verkehrs im August im Pustertal oder der MEBO nachweisen. Bausch: „Dagegen ist er an touristischen Hotspots (z. B. Sellajoch) oder Zufahrtsrouten zu abseits gelegenen Tourismuszentren (z. B. Corvara via Gröden) überdeutlich.“ Bausch stellte bei der Medienkonferenz nüchtern fest: „Schreitet das Wachstum der durch die einheimische Wirtschaft und Bevölkerung generierten Grundlast im Verkehrssystem Südtirols wie bisher fort, so kommt das System schon bald auch ohne Tourismus an seine Belastungsgrenze. Selbst wenn der Tourismussektor seinen Anteil am Verkehr deutlich reduziert, wird es ohne eine Verkehrswende der Südtiroler Wirtschaft und Bevölkerung keine langfristig nachhaltige Lösung geben.“

Nachhaltiger Lebensraum – HGV Beratungspaket
IDM-Präsident Hansi Pichler stellte Initiativen in puncto Nachhaltigkeit vor. Er berichtete von der Intensivierung der Kooperation mit den Bahnbetreibern und erwähnte die Südtiroler Hotspots, wo es um eine effiziente Besucherstromlenkung geht. Um Gastbetriebe auf ihrem Weg hin zu einem nachhaltigeren Handeln begleiten und beraten zu können, hat der HGV zusammen mit dem Partner Terra Institute ein Beratungspaket zum Thema Nachhaltigkeit erstellt. (PM/red)