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Aus der Niederweger-Chronik

Teil II – Der Theologe und Kapitelnotar Josef Valentin Niederweger aus Mühlen in Taufers hat eine der ersten, umfassendsten Chroniken des Tauferer Ahrntales geschrieben. In dieser und kommenden Ausgaben des stellen wir Auszüge daraus vor.

In Erinnerung an den 270. Geburtstag von Josef Valentin Niederweger (15.7.1753 – 22.11.1822) geben wir Ausschnitte aus seinem großartigen, fünfbändigen Werk wieder. Aus seinem “Zweyten Band“ berichteten wir bereits in einer früheren Ausgabe des über den Ansitz Gissbach und über die Ortschaften St. Georgen, Aufhofen. Wir setzen nun also unseren Weg durch das Tauferer Tal fort:

Tesselberg
Nach einer halben Stunde von Khelburge hinauf durch einen Wald kommt man zu einer kleinen Ebene, auf welcher die Gemeinde Tesselberg mit einigen Höfen, Häusern und Gütern zerstreut liegt. Einige Häuser und Güter ziehen sich links nach dem Hochthale hinein. Wie Khelburg, so kam nicht Tesselberg, welches einige für Mons Tasilonis gelten lassen, schon im 10ten Jahrhundert zu den Stift Brixen. Bischof Alboin überkam um das Jahr 993 durch Tausch das ganze Eigenthum, welches Liuto in dem Orte Dehsilinperch, an sich. Und wirklich besaß das Stift Brixen ganz Tesselberg mit ganzer Herrschaftlicher Gutsbarkeit, welche von dem Amte Bruneck verwaltet wurde. Das alte Kirchl ist zu Ehren der hl. Eheleute Chrysanthus und Daria geweihet, und ist ein Wallfahrtsort besonders für Eheleute, einige gestiftete und sonst gewöhnliche werden von den Pfarrpriestern zu Gais gehalten. Tesselberg war wegen der vielen Feder und Rothwild sehr berühmet. Es wurden deswegen einige Forstjäger zu diesen Ende gehalten, und noch bey Menschengedenken waren an den Waldungen Überbleibsel von hohen Planken zu sehen, die als eine Wehre wieder das Wild zur Beschützung der Güter gesetzt waren.

Mühlbach
Von Tesselberg führet ein zimlich ebener Fußsteig längs den Gebürge gerade hinüber nach Mühlbach, wohin man nach einer kleinen Stunde gelanget. Diese Ortschaft die zum Gerichte Uttenheim gehört, liegt nördlich von Tesselberg auf den Abhang eines sehr steilen Berges, der sich nach Uttenheim und Taufers hineinziehet. Die Höfe und Güter sind auf den ganzen Berge zerstreut, und äusserst jäh, werden aber von der Mittags und Abendssonne den ganzen Tag beleichtet, daher auch alle Gattungen des Getreides gut fortkommen, und sehr guter Weizen erziegelt wird. Bey den letzten Häusern fängt ein enges Hochthal an, durch welches ein Wildbach heraus-strömt, der zu äusserst des Dorfes Gais in den Tauferer Bach ergießet, und durch seine Verwüstungen schon vieles Unheil angerichtet hat. In diesen Thale ist eine Wasserquelle befindlich. Die zu einem Bade dienet, und von wenigen Leuten im hohen Sommer besucht wird, ohne jedoch einer schlechten Hütte ein Obdach oder eine Unterkunft zu finden. Das einzige ebene Plätzchen auf diesem Berge ist dasjenige, auf welchen das ziemlich alte Kirchl mit einem Eingang steht. Es ist zu Ehren der 14 Nothelfer eingeweihet. Am Kirchweihfeste im Monat über ist hier ein großer Zusammenfluß von Wallfahrtsleuten. Dabey herrschet eine alte Gewohnheit, dass jene Leute, die aus dem dahin wallen, nicht den nächsten Weg von Uttenheim aus über den Berg, sondern jenen auf der Ebene bis nach Gais nehmen, und jede auf diesen Wege vorkommende Kirche zu besuchen, und eine kurze Andacht zu verrichten. In der Pfarrkiche zu Taufers wird der Anfang gemacht; zu Mühlen ist die 2te Station, die 3te zu Uttenheim in der Stockkapelle und Margarethenkirche; die 4te bey Maria Heimsuchung zu Neuhaus; und die 5te bey dem St. Sebastian in der Pfarrkirche zu Gais. Von da gehts über die Felder hinauf bis nach Khelburg hl. Serafinus, dann nach Tesselberg zu den hl. Eheleuten und entlicht hinunter nach Mühlbach zu den 14 Nothelfern, wo man nach einen mehrstündigen Wege wohlermattet ankommt.
Diese Fahrt wird manchmal auch von den Einzelnen ausgestellet. In Rücksicht der weiten Entfernung von der Mutterkirche Gais, auch wegen Steile des Berges und des sehr gefährlichen Weges, besonders zu Winters und auch Sommerszeit das die ondies schlechten Wege durch den Bergstrom zerrissen werden, ist für diese Gemeinde, die damals 226 Seelen zählte, im Jahre 1786 eine Expositur errichtet, und aus den Religionsfond ditiert worden.
Priester Franz Waali Exkarmelit von Lienz war der erste Expositor. Der Verfasser hat einigemal seine Mutter bey dieser Wohlfahrt begleitet. 1791 wurde er zur Domkanzl berufen, und 1818 erhielt er die Pfarre Albeins. Ein kleiner ganz netter Widum wurde auf Kösten der Gemeinde erbaut, die auch deswegen das Patronatsrecht besitzt.

Anmerkung: Der hier abgedruckte Text bezieht sich auf eine Abschrift der Niederweger-Chronik, Band 2. (IB)