Die Ahrntalerin Tina Marcelli ist 3-fache Haubenköchin aus Leidenschaft. Traditionelle Küche neu interpretiert ist ihr Marke.
Frau Marcelli, kochen ist ihr Traumberuf, wie kam es dazu?
Tina Marcelli: Ich wuchs beim „Geiga“ in St. Johann bei meiner Oma auf – sie ist heute 97 Jahre -, da meine Eltern ein Hotel und Restaurant in Innichen führten. Im Ahrntal hatte ich eine unbeschwerte Kindheit und entdeckte die Liebe zur Natur und zum Kochen – was ich heute als die Basis meiner Küche bezeichne. Schon als Kind war mir klar, Köchin zu werden. Nach der Berufsschule erhielt ich eine Lehrstelle im Bayerischen Hof und im Königshof in München und arbeitete danach als Chefköchin in Gourmet-Restaurants und Sterne-Betrieben. Vor 5 Jahren hatte ich die Ehre, mit 3 Hauben ausgezeichnet zu werden.
Haben Sie berufliche Vorbilder?
Ich durfte unter ganz tollen Küchenchefs arbeiten, auch bei meinem Vater. Aber das größte Vorbild ist meine Oma, was sie mich lehrte, hätte ich bei keinem Spitzenkoch gelernt. Mit Omas Rehgulasch, Schweinekrustenbraten, mit Mus oder Krapfen begeistere ich heute die Gäste. Mit Omas Küchentipps bin ich aufgewachsen, sie haben mich geprägt. Einer meiner großen Mentoren hingegen ist Martin Pircher, der Ideator des Tauferer Käsefestivals. Er vermittelte mir die Liebe zum Käse.
Ist der Beruf nicht sehr stressig?
Es ist eine große Aufgabe, für 400 Leute zu kochen, aber da es meine große Leidenschaft ist, empfinde ich es als positiven Stress. Bei Stress laufe ich richtig zur Hochform auf.
Aber ist es nicht belastend, das Level einer 3-Haubenköchin dann auch zu halten?
Das Gourmet-Restaurant ist meine Freude, wo ich mich entfalten und „austoben“ kann, was mich täglich anspornt, Neues zu kreieren. Da ich sehr selbstkritisch bin, hinterfrage ich mich ständig, was ich noch verbessern könnte. Und wenn ich weiß, dass etwas richtig gut geworden ist, versuche ich es das nächste Mal zu toppen. Ich empfinde das nicht als Druck, sondern es beflügelt mich. Ich bin sehr stolz auf mein Küchenteam, das mich in meiner Zielstrebigkeit und Entschlossenheit begleitet. In einer gemeinsamen, leidenschaftlichen Ergänzung kann Großes entstehen.
Was halten Sie von den ständig neuen Trends in der Küche …
Als junger Koch versuchst du, den Trends nachzulaufen. Für mich persönlich gibt es das nicht mehr. Ich habe meine eigene Linie gefunden und kann mich dabei frei entfalten. Meine Küche ist authentisch und ehrlich. Du brauchst ein gutes Ausgangsprodukt, aber keinen großen Firlefanz.
Sie haben in Ihrem Leben sehr viel erreicht. Gibt es Ziele?
Ja, junge Leute auszubilden, vor allem Frauen, die bei uns immer noch nicht die Wertschätzung erhalten, die ihnen gebührt. Ich möchte ihnen meine Begeisterung für diesen wunderschönen Beruf, in dem sich jede selbst verwirklichen und kreativ sein kann, vermitteln. Weiters setze ich mich für die traditionelle Küche ein, ich möchte sie verfeinern und weitertragen.
Sie haben ein Kochbuch für Kinder geschrieben, warum?
Richtige Ernährung sollte eigentlich ein Schulfach sein. Mir ist wichtig, Kinder an gesundes Essen heranzuführen. Sie sollen wegkommen von vorgefertigten, hochkalorienhaltigen Speisen, die nur dick machen. Ich weiß, wovon ich rede: Wegen eines Problems an der Schilddrüse wurde ich übergewichtig und deshalb als Kind gehänselt. Kinder kochen gern und haben Spaß, selbst Kreiertes zu verschmausen. Am 7. Juni veranstalte ich übrigens mit der Grund- und Mittelschule St. Johann eine tolle Kochshow. Die Schüler kochen und laden öffentlich zum Essen ein. Bereits jetzt bereiten wir Kräutersalze und Sirupe zum Verkauf vor, mit von Kindern selbstgemalten Etiketten. Auch Martin Pircher, der Köcheverband und die Hotelfachschule unterstützen uns. Der Erlös geht an das Südtiroler Kinderdorf, das ist mir ein Herzenswunsch. Liebe Puschtra, wir freuen uns auf euren Besuch ab 11 Uhr in der Mittelschule St. Johann! Generell möchte ich alle Menschen zu bewusstem Essen animieren. Regionale und saisonale Produkte sollten für jeden selbstverständlich und auch nicht zu teuer sein – wenn man allein die krankheitsbedingten Folgeerscheinungen einer ungesunden Ernährung bedenkt. Die Zeit, mit natürlichen Produkten selbst zu kochen, sollte man sich regelmäßig nehmen.
Was bedeuten Ihre Tattoos?
Am linken Arm ist mein Schutzengel tätowiert, am rechten eine Wikingerin, auch ich bin eine Art Kriegerin und fighte mich durchs Leben. Daneben ist ein Kompass abgebildet mit den Namen meiner Familie, er weist mir den Weg zu meinem Zuhause. Und auf der Hand haben meine Frau Kim und ich einen Ehering tätowiert.
Welche ist Ihre Lieblingsspeise?
Am liebsten Knödel mit Salat oder weiße Nudeln mit Parmesan und Butter. Gerne lass ich mich auch von meinem Vater bekochen. In der Familie gemeinsam zu essen ist mir wie ein Ritual, es verbindet.
Ihr Tipp für ein leichtes Frühlingsgericht …
Selbst gepflückte Zichorie von der Wiese, Speck anbraten, ein gekochtes Ei untermischen und mit Essig, Öl, Salz und Pfeffer anrichten. Dazu ein selbst gebackenes Brot. Hmmm …!
… und Ihr Lebensmotto?
Aus Steinen, die mir in den Weg gelegt werden, kann ich was Schönes bauen.
IB
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