Südtirol – Sie ist die Stimme für all jene, die nicht so laut schreien und keine Lobby haben. Für sie setzt Maria Elisabeth Rieder Tag für Tag all ihre Kraft ein. Im Interview verrät die engagierte Politikerin, was sie bewegt, wie sie sich im Landtag einbringt und welche ihre großen Ziele sind.
Frau Maria Elisabeth Rieder, seit 2018 sind Sie als Landtagsabgeordnete für das Team K im Südtiroler Landtag. Geben Sie uns einen Einblick: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag derzeit aus?
Maria Elisabeth Rieder: Die Arbeitstage sind sehr abwechslungsreich, es wird nie langweilig. Einmal im Monat ist Sitzungswoche im Landtag. Ebenfalls einmal im Monat haben wir Sitzungstag im Regionalrat in Trient. Dazu kommen noch die Termine für die Arbeit in den Gesetzgebungsausschüssen und ich bin auch Minderheitsvertreterin im Landtagspräsidium. Dazwischen gilt es natürlich die Sitzungen vorzubereiten, Gesetzesentwürfe zu studieren und eigene Beschlussanträge und Gesetzesentwürfe auszuarbeiten, Anfragen zu schreiben, Pressearbeit zu erledigen und sich um die Anliegen der Bürger:innen zu kümmern. Besonders wichtig sind mir die regelmäßigen Sprechstunden.
Wie erleben Sie aktuell die Stimmung im Südtiroler Landtag?
Langsam gewöhne ich mich an die neue Konstellation im Landtag und man lernt sich kennen. Ich begegne allen Kollegen:innen mit Respekt, denn wir sind alle vom Volk gewählt. Es ist aber schon eigenartig, dass elf Landesräte:innen auf der Regierungsbank sitzen, also fast die gesamte Mehrheit. Für mich ist es nach wie vor unverständlich, dass die SVP eine postfaschistische Partei in die Regierung geholt hat. Von einigen Landesräten hat man bisher kaum etwas gehört, es ist schwer einzuschätzen, in welche Richtung es geht. Den Landeshauptmann erlebe ich als sehr führungsschwach, es ist nicht klar, was er in den nächsten Jahren für Südtirol vorhat. Ich bin auch immer wieder erstaunt, dass die neuen Abgeordneten, die in den Medien und im Wahlkampf sehr laut waren und sind, sich im Landtag überhaupt nicht zu Wort melden.
Ihre Schwerpunkte liegen vor allem im sozialen Bereich. Welche sind die großen Themen, mit denen Sie sich zurzeit beschäftigen?
Es gibt viele soziale Themen, die in unserem Land dringend angegangen werden müssen. Das Thema Wohnen beschäftigt die Menschen sehr. Gerade unsere Jugend ist verzweifelt, wer nicht von den Eltern unterstützt wird, hat keine Chance auf eine Eigentumswohnung. Noch schlimmer ist, dass es keine bezahlbaren Mietwohnungen gibt. Wer von zu Hause ausziehen will, kann sich das mit einem normalen Arbeiter- oder Angestelltengehalt nicht leisten, und da sind wir schon beim nächsten heißen Eisen, den Löhnen. Angesichts der hohen Lebenshaltungskosten und der anhaltenden Inflation sind die Löhne in Südtirol einfach zu niedrig.
Ihr Einsatz gilt den Arbeitnehmer:innen, den Senioren:innen und dem Gesundheitspersonal. Wo besteht Ihrer Ansicht nach der schnellste Handlungsbedarf?
Handlungsbedarf besteht überall, denn für die Bürger:innen ist akut, was sie betrifft: Junge Mütter klagen über fehlende Kleinkinderbetreuungsplätze, die Sommerbetreuung wird für viele Familien zum alljährlichen Spießrutenlauf. Wer allein für den Lebensunterhalt aufkommen muss oder als Alleinerziehende für die Kinder sorgt, ist in Südtirol armutsgefährdet. Wird ein Familienmitglied plötzlich pflegebedürftig, stehen die Betroffenen oft vor unlösbaren Problemen: kein Platz im Seniorenheim, wer übernimmt die Pflege, lange Wartezeiten auf die Einstufung für das Pflegegeld. Wer krank ist und monatelang auf einen Termin beim Facharzt wartet, ist oft verzweifelt, wer es sich leisten kann, geht zum Privatarzt. Leider wurde in den letzten Jahren viel versäumt. Der Personalmangel in allen Bereichen macht sich bemerkbar. Ein besonderes Anliegen ist mir auch der „Mittelstand“.
Welche persönlichen Werte beeinflussen Ihre politischen Entscheidungen am meisten?
Ich weiß, es ist ein großes Wort, aber für mich ist „Gerechtigkeit“ ein wichtiger Wert. Ich kann es nicht ertragen, wenn es ungerecht zugeht. Mir liegen vor allem die Menschen am Herzen, die es selbst nicht schaffen oder sich im Dschungel der Bürokratie nicht zurechtfinden. Leider ist es in Südtirol so, dass diejenigen gehört werden, die am lautesten schreien.
Was ist Ihrer Meinung nach ausbau- oder verbesserungsfähig in der Südtiroler Politik?
Es wird viel geredet und angekündigt, viele Pläne wurden in der letzten Legislaturperiode geschrieben: Landessozialplan, Mobilitätsplan, Klimaplan, … Nun ist es höchste Zeit zu handeln. Zu Beginn dieser Legislaturperiode haben die Landesräte:innen viel angekündigt. Jetzt ist die Schonzeit vorbei, ab Herbst müssen sie liefern. Schade finde ich auch, dass zu Beginn der Legislaturperiode immer wieder die Zusammenarbeit mit der Opposition angekündigt wird, aber dann geht alles weiter wie bisher. Anträge der Opposition werden im Landtag grundsätzlich abgelehnt, auch wenn sie noch so gut sind, wie zuletzt mein Beschlussantrag zu den Alleinerziehenden. Es kommt auch immer wieder vor, dass sie dann von der Mehrheit abgeschrieben und durchgewunken werden.
Was macht Maria Elisabeth Rieder, wenn sie gerade nicht mit Politik beschäftigt ist?
An den Wochenenden bin ich gerne in den Bergen unterwegs oder gehe eine Runde laufen. Im Winter trifft man mich auf der Langlaufloipe. Gerne treffe ich mich mit Freundinnen auf einen Kaffee und ein interessantes Gespräch und manchmal mache ich einfach die Wohnungstür hinter mir zu, lese ein Buch und bin einfach daheim.
SH
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