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Die Forscherin

Terenten – Irene Pichler aus Terenten ist Neurogenetikerin und forscht in den Bereichen Parkinson-Erkrankung und Restless-Legs-Syndrom. Sie ist Trägerin des Südtiroler Wissenschaftspreises.

Frau Pichler, Sie arbeiten am Institut für Biomedizin an der Eurac-Research in Bozen. Wie kann man sich Ihren Arbeitstag vorstellen?
Irene Pichler: Mein Arbeitstag ist sehr abwechslungsreich und reicht von der Datenanalyse bis hin zu wissenschaftlichen Diskussionen und strategischer Projektplanung. Ein großer Teil meiner Zeit fließt in die Koordination unserer Forschungsprojekte, in denen wir die genetischen und molekularen Mechanismen neurodegenerativer Erkrankungen wie Parkinson untersuchen. Dazu gehört die enge Zusammenarbeit mit unserem Forschungsteam sowie mit nationalen und internationalen Partnern. Besonders viel Zeit widme ich der Antragstellung für Forschungsförderungen und dem Verfassen wissenschaftlicher Publikationen, um unsere Ergebnisse sichtbar zu machen und neue Projekte auf den Weg zu bringen. Kein Tag ist wie der andere, und genau das macht die Forschung so spannend.

Sie erforschen die molekularen Mechanismen der Parkinson-Erkrankung. Welche Erfolge konnten Sie bisher erzielen?
Wir erforschen vor allem genetische Formen der Parkinson-Krankheit. Obwohl sie selten auftreten, liefern sie wertvolle Einblicke in die biologischen Prozesse, die an der Krankheitsentstehung beteiligt sind. Ein Fokus liegt auf den Mitochondrien, deren Fehlfunktion Zellstress verursacht und zum Absterben von Nervenzellen beiträgt. Ein bedeutender Fortschritt war die Identifikation eines Proteins innerhalb eines mitochondrialen Stoffwechselweges, das eine zentrale Rolle bei der Stabilisierung der Funktion der Mitochondrien spielt. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen entwickeln wir derzeit zwei Strategien zur Verbesserung der Mitochondrienfunktion. Langfristig hoffen wir, mit diesen Ansätzen neue therapeutische Strategien zu entwickeln, die den Krankheitsverlauf von Parkinson positiv beeinflussen können.

Ein weiterer Schwerpunkt Ihrer Forschung ist das Restless-Legs-Syndrom (RLS). Gibt es hier neue Erkenntnisse?
In unserer Forschung zum Restless-Legs-Syndrom konzentrieren wir uns auf genetische Ursachen, die zur Entstehung der Erkrankung beitragen. RLS ist eine häufige neurologische Störung, die etwa 10 Prozent der Bevölkerung betrifft, gekennzeichnet durch starken Bewegungsdrang in Gliedmaßen und Schlafstörungen. Unsere Forschung hat zur Identifikation eines „Genlocus“ geführt, der mit RLS in Verbindung steht. Aktuell führen wir weiterführende Untersuchungen durch, die auf unserer Bevölkerungsstudie CHRIS basieren, um die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen besser zu verstehen.

Gibt es Zusammenhänge zwischen dem Parkinson-Syndrom und RLS bzw. inwiefern lassen sich beide Forschungszweige verbinden?
Obwohl manche Parkinson-Patienten RLS-Symptome entwickeln können, zeigen Studien, dass RLS-Patienten kein erhöhtes Risiko haben, an Parkinson zu erkranken. Sowohl die Parkinson-Erkrankung als auch RLS sind neurologische Erkrankungen und weisen Überschneidungen in bestimmten biologischen Mechanismen auf. Es gibt z. B. Hinweise darauf, dass der Eisenstoffwechsel eine wichtige Rolle bei beiden Erkrankungen spielt. Genetische und physiologische Überschneidungen werden weiter erforscht, aber die genauen Zusammenhänge sind noch nicht geklärt.

Nennen Sie uns Ihre Forschungsziele bzw. was möchten Sie erreichen?
Aufbauend auf unseren bisherigen Ergebnissen möchten wir unsere Ansätze zur Regulierung der mitochondrialen Funktion weiterentwickeln. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Weiterentwicklung von 3D-Zellmodellen und Organoiden, um Krankheitsmechanismen besser zu verstehen und potenzielle Wirkstoffe zu testen. Ein langfristiges Ziel ist es, zur Präzisionsmedizin für Parkinson beizutragen und individuellere Diagnose- und Therapieansätze zu ermöglichen. Unsere Arbeit muss dabei als Teil des großen Ganzen gesehen werden, denn wir arbeiten eng mit der internationalen Forschungsgemeinschaft zusammen.

Warum haben Sie sich für die Eurac Research als Wirkungsfeld entschieden?
Die Eurac Research bietet ein interdisziplinäres Umfeld und ermöglicht eine enge Vernetzung mit internationalen Forschungspartnern. Diese Zusammenarbeit ist essenziell, um neue Ideen zu entwickeln und unsere Forschung voranzutreiben. Wir stehen in regem Austausch mit Instituten in Italien, Österreich, Deutschland, Kanada und den USA sowie mit lokalen Partnern wie der Universität Bozen. Zudem gibt es Kontakte zur Pharmaindustrie, die vor allem dem wissenschaftlichen Austausch und der Diskussion neuer Forschungsansätze dienen.

Wie können Sie von Ihrer Arbeit abschalten und was machen Sie in Ihrer Freizeit?
In meiner Freizeit genieße ich die Zeit mit meiner Familie und gemeinsame Unternehmungen. Die Berge sind für mich der perfekte Ort, um abzuschalten – sei es beim Wandern, auf Klettersteigen oder im Winter beim Skifahren.

Ihre Botschaft an die Welt …
Forschung kann Zukunftsperspektiven schaffen, in allen Bereichen unseres Lebens. Die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass große Anstrengungen und Investitionen in kurzer Zeit zu bedeutenden Ergebnissen führen können.
IB